Sportliche Aktivitäten während der Schwangerschaft beeinflussen die Gehirnentwicklung des Nachwuchses sogar noch nach der Geburt, hat ein deutsches Forscherteam bei einer Studie an Mäusen entdeckt: Bei Nachkommen sportlicher Mäusemütter bildeten sich einige Tage nach der Geburt deutlich mehr neue Nervenzellen in einem bestimmten Gehirnareal als bei Abkömmlingen von Weibchen, die sich während der Schwangerschaft kaum bewegt hatten. Ob sich diese vermehrte Nervenzellbildung allerdings positiv auf die Intelligenz der Tiere auswirkt, wissen die Forscher bislang noch nicht. Auch können sie noch nicht sagen, ob es beim Menschen einen ähnlichen Effekt gibt.
Körperliche Bewegung fördert die Bildung von Nervenzellen im
Hippocampus, einer für Lernen und Erinnerungen zuständigen Hirnregion, hatten bereits frühere Studien gezeigt. Das gilt sowohl für erwachsene Mäusen als auch für erwachsene Menschen. Um zu testen, ob dieser Effekt auch von Müttern auf ihren Nachwuchs übertragen wird, untersuchten Anika Bick-Sander und ihre Kollegen vom
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin trächtige Mäuse. Diese wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Die eine Hälfte konnte so oft sie wollte ein Laufrad benutzen, wohingegen die andere in Standardkäfigen ohne diese Möglichkeit lebte. Während der gesamten Studienzeit, die sowohl die Schwangerschaft als auch den ersten Lebensmonat des Nachwuchses umfasste, überprüften die Wissenschaftler immer wieder, wie viele Nervenzellen sich im Hippocampus der jungen Mäuse bildeten.
Während der Schwangerschaft schien die körperliche Betätigung die Gehirnentwicklung eher zu verlangsamen, beobachteten die Forscher: Im Vergleich zur Kontrollgruppe hatten die Nachkommen der sportlichen Mütter ein niedrigeres Geburtsgewicht und auch einen kleineren Hippocampus. Ab dem achten Tag nach der Geburt begann sich bei diesen Tieren die Nervenbildung im Gehirn jedoch deutlich zu beschleunigen ? mit der Folge, dass sie fünf Wochen nach ihrer Geburt etwa vierzig Prozent mehr Nervenzellen im Hippocampus besaßen als die Kontrolltiere. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch ihr Gewicht fast normalisiert, berichten die Forscher.
Die sportliche Aktivität erhöhe bei den Müttern wahrscheinlich die Produktion verschiedener Wachstumsfaktoren, die den Organismus der Nachkommen nachhaltig beeinflussen, vermuten die Forscher. Sie warnen jedoch davor, die Ergebnisse direkt auf den Menschen zu übertragen oder gar eine Empfehlung für schwangere Frauen daraus abzuleiten: Es handele sich bislang lediglich um den Nachweis eines biologischen Effekts, der in weiteren Studien sehr viel genauer untersucht werden müsse.
Anika Bick-Sander (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, Berlin) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0502644103 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel