Das Risiko für Alzheimer wird stärker von den Genen geprägt als bislang angenommen. Das hat ein internationales Forscherteam bei der Untersuchung von knapp 12.000 Zwillingspaaren entdeckt. Demnach bestimmen in bis zu achtzig Prozent der Fälle genetische Faktoren, ob und sogar wann die Demenzerkrankung ausbricht. Trotzdem sollte der Einfluss der Lebensweise und der Umweltbedingungen nicht unterschätzt werden, schreiben die Wissenschaftler ? schließlich sei es nur durch eine Umstellung dieser Faktoren möglich, das Alzheimerrisiko zu beeinflussen.
Die Wissenschaftler um Margaret Gatz von der Universität von Südkalifornien in Los Angeles nutzten für ihre Studie eine Datenbank, in der alle Zwillingsgeburten in Schweden seit 1886 verzeichnet sind. Ausgewertet wurden dabei die Daten von 11.884 Zwillingspaaren, die mittlerweile älter als 65 Jahre sind und bei denen beide Geschwister noch leben. Durch den Vergleich der Demenzhäufigkeit bei eineiigen und zweieiigen Paaren erhofften sich die Forscher dabei Informationen über den Anteil der Gene an der Krankheit. Sind beispielsweise bei den genetisch identischen eineiigen
Zwillingen häufiger beide Geschwister betroffen als bei zweieiigen, deutet das auf einen starken genetischen Einfluss hin. Erkrankt dagegen nur ein Zwilling eines eineiigen Paares, steckt eher der individuelle Lebensstil dahinter.
Das Ergebnis: Bei 392 der in der Studie untersuchten Paare litt mindestens ein Zwilling an Alzheimer, und bei eineiigen Paaren waren häufiger beide Geschwister betroffen als bei zweieiigen. Auch war das Alter, in dem die Krankheit ausbrach, bei eineiigen Zwillingen sehr viel ähnlicher als bei den zweieiigen. Demnach werde das Risiko für die Krankheit zu 79 Prozent vererbt und zu 21 Prozent von Umweltfaktoren bestimmt, schreiben die Forscher. Dabei handele es sich nicht um gemeinsame Einflüsse aus der Kindheit, sondern um individuelle Gewohnheiten und Lebensstile, die nicht für beide Geschwister gleich sind.
Die Ergebnisse zeigen nach Ansicht von Studienleiterin Gatz, dass die klassische Einteilung der Alzheimer-Fälle überdacht werden müsse. Bislang gingen Forscher nämlich von einer familiären Variante mit hauptsächlich genetischen Wurzeln und einer sporadischen Form ohne genetische Beteiligung aus. Die neuen Daten deuten nun jedoch darauf hin, dass auch bei diesen sporadischen Fällen der genetische Einfluss der Hauptfaktor sei. Welche Gene dabei entscheidend sind, können die Wissenschaftler allerdings noch nicht sagen.
Margaret Gatz (Universität von Südkalifornien, Los Angeles) et al.: Archives of General Psychiatry, Bd. 63, S. 168 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel