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Arbeitsteilung beim Lauschangriff

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Arbeitsteilung beim Lauschangriff
Im Gehirn von Säugetieren gibt es Nervenzellen, die ausschließlich für das Registrieren neuer Geräusche zuständig sind. Mit ihrer Hilfe gelingt es dem Gehirn, unwichtigen Hintergrundlärm aus der Vielzahl der akustischen Reize herauszufiltern. Das haben spanische und amerikanische Neurowissenschaftler entdeckt, als sie einzelne Zellen im Gehirn von Ratten untersuchten. Die spezialisierten Hörnervenzellen reagieren nicht auf sich wiederholende Laute, werden aber sofort aktiv, wenn sich beispielsweise deren Tonlage verändert. Da offenbar alle Wirbeltiere über diesen Zelltyp verfügen, kommt er mit größter Wahrscheinlichkeit auch beim Menschen vor, sagen die Forscher um Ellen Covey.

Die besonderen Nervenzellen waren bereits vor Jahren bei Fröschen entdeckt worden. Durch die Studie an den Ratten konnten Forscher sie nun erstmals auch im Gehirn eines Säugetiers nachweisen, und zwar unterhalb der Hirnrinde in einer bestimmten Region des Mittelhirns. Die Zellen fungieren gewissermaßen als Torwächter, die verhindern, dass Informationen über unwichtige Geräusche die Hirnrinde erreichen. Treten aber plötzlich Änderungen in der Tonhöhe, Lautstärke oder Länge einzelner bekannter Töne auf, können die Zellen das feststellen. Sogar Veränderungen im Muster einer komplexen Serie von Lauten werden von ihnen registriert, entdeckten die Forscher.

Laut Covey ist die Fähigkeit der Zellen, sich an bekannte Geräusche zu erinnern und neue zu erkennen, eine relativ anspruchsvolle kognitive Aufgabe. Offenbar erfolgen das Sortieren und Identifizieren von Geräuschen schon sehr viel früher auf dem Weg der Signalübertragung vom Ohr zum Gehirn als bislang angenommen. Zudem könnten die spezialisierten Hörnervenzellen dabei helfen, die Aufmerksamkeit des Gehirns auf unerwartete Geräusche zu lenken und möglicherweise schnelle Reflexantworten auszulösen.

Eine solche Fähigkeit erlaubt es beispielsweise Menschen, Hintergrundgeräusche wie das Brummen des Automotors während der Fahrt auszublenden, sagt Covey. Wenn der Motor aber plötzlich anfängt, ein seltsames Geräusch zu machen, würden die spezialisierten Nervenzellen sofort unsere Aufmerksamkeit wecken. Die Zellen könnten zudem mithelfen, eine fortwährende Geräuschkulisse in Segmente aufzuteilen und Vorhersagen zu treffen, welche Laute als nächstes zu hören sein werden.

Das ist beispielsweise wichtig beim Verstehen von Gesprochenem. „Was auch immer wir gerade gehört haben, erlaubt uns eine Voraussage, was als nächstes kommen wird“, sagt Covey. „Verstöße gegen diese Vorahnung sind dann oft überraschend oder witzig.“ Neuronale Mechanismen, die solche Voraussagen sowie Erinnerungen und selektive Aufmerksamkeit ermöglichen, könnten in Zukunft mithilfe der spezialisierten Hörnervenzellen besser erforscht, hofft die Wissenschaftlerin.

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Ellen Covey ( Universität von Washington, Seattle) et al.: European Journal of Neuroscience, Bd. 22, Nr. 11, S. 2879. ddp/wissenschaft.de ? Martina Feichter
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