Das änderte sich erst 1970, als es Yves Chauvin gelang, den Reaktionsmechanismus zu knacken: Das Metallatom im Katalysator muss eine Doppelbindung zu einer organischen Gruppe enthalten. Dann kann es mit einem der Ausgangsmoleküle an dessen Doppelbindung zu einem vieratomigen Ring reagieren, in dem alle Atome über Einfachbindungen verknüpft sind. Im nächsten Schritt brechen zwei dieser Einfachbindungen auf, und es entsteht ein neues Alken sowie eine Doppelbindung zwischen Metallatom und einer neuen organischen Gruppe.
Diese beiden Schritte wiederholen sich dann mit dem zweiten ursprünglichen Reaktionspartner: Auch mit diesem bildet das Metallatom wieder den vieratomigen Ring, aus dem wiederum ein neues Alken hervorgeht. Auch der Katalysator ist wieder frei und kann erneut mit dem Reaktionszyklus beginnen. Diese Reaktion lässt sich mit einem Tanz der Moleküle vergleichen, bei dem sich hin und wieder zwei Paare zusammentun und in einer veränderten Konstellation wieder auseinandergehen, schreibt das Nobelkomitee.
Diese Entdeckung öffnete die Türen für die gezielte Herstellung der Katalysatoren. Das Problem: Viele der infrage kommenden Kombinationen aus Metallatom und organischer Gruppe waren instabil und zerfielen bei Kontakt mit Wasser oder mit der Luft. Bereits Anfang der 70er Jahre begann Richard Schrock ? genau wie viele seiner Kollegen ? mit der Suche nach dem optimalen Katalysator, der stabil war, selektiv nur mit Doppelbindungen reagierte und für verschiedene Reaktionen maßgeschneidert werden konnte. Im Lauf der Zeit kristallisierte sich heraus, dass Molybdän und Wolfram offenbar die vielversprechendsten Kandidaten für den Metallanteil waren. Doch erst 1990 gelang Schrock der Durchbruch: Er stellte eine Gruppe sehr aktiver Molybdän-Katalysatoren her, die neben der doppelt gebundenen organischen Gruppe drei weitere Liganden enthielten. 1992 gelang Robert Grubbs und seinen Kollegen schließlich die Synthese noch besserer Katalysatoren mit einem Ruthenium-Ion im Kern: Sie waren selektiver und funktionierten auch in Gegenwart von Alkohol, Wasser und sogar organischen Säuren.
Heute werden die Metathese-Reaktionen in vielen Prozessen sowohl in der Forschung als auch in der Industrie eingesetzt. Sie machen aufwändige Synthesen in wenigen Schritten möglich, so dass weniger Ressourcen benötigt werden und weniger Nebenprodukte entstehen. Besonders aus der pharmazeutischen Industrie ist die Metathese nicht mehr wegzudenken, da sie es ermöglicht, mit einfachen Mitteln immer wieder neue potenzielle Wirkstoffe herzustellen. Die Breite der Anwendungen sei besonders deswegen so bemerkenswert, weil die Katalysatoren von Grubbs und Schrock erst seit einer solch kurzen Zeit zur Verfügung stünden, kommentiert das Nobelkomitee.