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Wunder in der Müslischale

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Wunder in der Müslischale
Wer mikromechanische Maschinen bauen will, die sich von alleine zusammenbauen, sollte morgens einmal scharf in seine Müslischale blicken. Auch dort versammeln sich die schwimmenden Cornflakes auf wundersame Weise auf einem Haufen, berichten Lakshminarayanan Mahadevan und Dominic Vella von der Harvard University.

Die Physiker haben das Phänomen nach einer beliebten Frühstücksflockensorte „Cheerios-Effekt“ getauft. Mahadevan und Vella berichten, dass nicht etwa komplizierte chemische Zusammenhänge für das Klumpungsphänomen verantwortlich sind, wie vielfach angenommen werde. In Wirklichkeit beherrschen einfache physikalische Gesetze die Neigung von Blasen, Pfefferkörnern und anderen schwimmenden Teilchen, sich an den Wänden oder in der Mitte eines Gefäßes zusammenzuballen.

Die Kräfte, die für den Cheerios-Effekt eine Rolle spielen, sind vor allem Gravitation, Auftrieb und Oberflächenspannung, veranschaulichen die Forscher am Beispiel von Blasen in einem Sprudelglas. Die CO2-Perlen steigen bekanntlich bis zur Grenze zwischen Wasser und Luft nach oben. Dort beult eine Blase die Oberfläche wegen ihres Auftriebs ein kleines Stück nach oben aus. Diese kleine Erhöhung zieht weitere Blasen an, da diese ebenfalls danach streben, so weit wie möglich nach oben zu klettern. Das gleiche spielt sich am Glasrand ab, schreiben die beiden Physiker: Dort ist die Wasseroberfläche wegen der Oberflächenspannung ebenfalls nach oben gekrümmt.

Neben schwimmenden Objekten können sich auch Gegenstände gegenseitig anziehen, die eigentlich eine größere Dichte haben als Wasser. Heftzwecken oder Pfefferkörner gehen beispielsweise nicht unter, weil sie von der Oberflächenspannung des Wassers gehalten werden. Allerdings beulen sie die Wasseroberfläche ? anders als die schwimmenden Körper ? nicht nach oben, sondern nach unten aus. Das bedeutet: Heftzwecken und Blasen ziehen sich nicht an, sondern stoßen sich gegenseitig ab. Wie die Forscher schreiben, hängen Anziehung und Abstoßung nicht von der Benetzbarkeit unterschiedlicher Materialien ab, sondern vor allem von deren Auftrieb.

Heftzwecken und Blasen miteinander zu verklumpen, sei dennoch ohne Chemie möglich, schreiben die beiden Harvard-Physiker. Sie entwarfen für diesen Zweck einen Streifen, der auf der einen Seite wegen eines eingearbeiteten Metalldrahtes eine größere Dichte hatte als Wasser, auf der anderen Seite wegen seiner dort geringeren Dichte aus dem Wasser herausragte. Tatsächlich lagerte sich die Heftzwecke auf der einen Seite dieses so genannten amphiphilen Streifens an, eine schwimmfähige Heftzweckenkappe auf der anderen Seite.

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Die Forscher berichten, dass Insekten wie Wasserläufer einen ähnlichen Trick nutzen, wenn sie einen Teich verlassen wollen. „Sie nutzen die Oberflächenspannung, um auf dem Wasser zu laufen. Am Rand des Teiches werden sie aber Opfer des Cheerios-Effektes, weil sie dann gegen die Gravitation ankommen müssen“, schreiben Mahadevan und Vella. Beobachtungen zeigen indes, dass manche Insekten ihren Schwerpunkt so verlagern können, dass sie sich wie der amphiphile Streifen verhalten. So können sie den Spieß umdrehen und den Cheerios-Effekt nutzen, um sich vom Wasserrand anziehen zu lassen.

Dominic Vella und L. Mahadevan (Division of Engineering and Applied Sciences, Harvard University): The „Cheerios effect“, American Journal of Physics, Bd. 73, Nr. 9, S. 817-825 Ute Kehse
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