Um diese unbewussten Mechanismen der Risikoeinschätzung besser zu verstehen,
legten die Wissenschaftler insgesamt 65 Freiwilligen jeweils zwei verschiedene Krebs- oder Infektionskrankheiten vor. Die Befragten mussten jeweils angeben, welche der beiden Krankheiten ihrer Meinung nach häufiger auftritt. Eine andere Gruppe von Probanden sollte außerdem einschätzen, welche von zwei häufigen Todesursachen pro Jahr mehr Opfer fordert.
Nach Auswertung der Befragung zeigte sich, dass die Probanden im wesentlichen zwei Strategien für ihre Risikoeinschätzung verwendeten: Sie greifen entweder auf eigene Erfahrungen innerhalb ihres sozialen Umfeldes zurück oder verlassen sich auf von außen an sie herangetragene Informationen wie Nachrichten, Warnungen von Ärzten und Gesundheitskampagnen.
Die erste Strategie der persönlichen Erfahrungen führt meist zu richtigen Ergebnissen, erklärt Hertwig, die zweite leitet dagegen oft in die Irre. Sie wird jedoch offenbar immer dann angewendet, wenn persönliche Erlebnisse fehlen. So können Fernsehnachrichten leicht zu dem Gedanken verleiten, dass mehr Leute an eher seltenen Erkrankungen wie der durch BSE verursachten Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sterben als an Asthma, bedauert der Forscher. Ein besseres Verständnis dieser Denkprozesse könnte möglicherweise helfen, derartigen Fehleinschätzungen entgegenzuwirken.
Ralph Hertwig (Universität Basel) et al.: Journal of Experimental Psychology (Bd. 31, S. 621)