Töpf und Hoelzel untersuchten nun die DNA von Menschenskeletten von einer archäologischen Fundstelle in Norwich, die auf das zehnte Jahrhundert datiert worden war. Dabei stellten sie bei dem Skelett eines jungen Mannes eine Genstruktur fest, wie sie nur bei den Roma zu finden ist: Der DNA-Baustein mit der Nummer 16.189 ist bei ihm in derselben Art und Weise wie bei den Roma verändert. Da die heute lebenden Briten dieses genetische Muster nicht aufweisen, vermuten die Forscher im jungen Mann einen frühen Angehörigen der Roma in England.
Bislang gehen die frühesten Aufzeichnungen über die Roma auf den Britischen Inseln jedoch nur auf das 16. Jahrhundert zurück. Wissenschaftler gingen davon aus, dass die Roma ab etwa dem zehnten Jahrhundert von Indien aus ins Byzantinische Reich auswanderten, von wo aus sie dann weiter in den Westen zogen. Sofern die geschichtlichen Aufzeichnungen nicht falsch datiert worden sind, wirft die Arbeit von Töpf und Hoelzel ein neues Licht auf die Beziehungen zwischen den Roma und den Bewohnern der Britischen Inseln: Möglicherweise haben die Wikinger während ihrer Beutezüge ins Byzantinische Reich Frauen der Roma versklavt. Doch auch freundliche Beziehungen zwischen beiden Völkern könnten Nachkommen der Roma nach England geführt haben.
Ana Töpf und Rus Hoelzel (Durham-Universität): Proceedings of the Royal Society: Biology Letters, Online-Vorabveröffentlichung, doi:10.1098/rsbl.2005.0314