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Glasproduktion im Bierkrug

Geschichte|Archäologie

Glasproduktion im Bierkrug
Die Glasherstellung im Ägypten der Bronzezeit war weiter vorangeschritten als gedacht: Schon 1250 v. Chr. verstanden es die Ägypter, aus Quarzsand und Pottaschen Glasblöcke herzustellen. Diese Glasrohlinge wurden dann an andere Manufakturen verschickt oder exportiert. Das haben Thilo Rehren vom University College London und Edgar Pusch vom Pelizaeus-Museum in Hildesheim herausgefunden. Bei Ausgrabungen im ägyptischen Qantir fanden sie Keramikbruchstücke mit anhaftenden Glasresten. Damit konnten die Forscher erstmals den Ablauf der Glasproduktion nachvollziehen.

Glasgefäße und Kunstwerke sind zwar aus dem Mesopotamien und Ägypten der Jahre 1000 bis 1500 vor Christus bekannt, doch war der Ort der Glasproduktion unklar. Bei Ausgrabungen in Qantir östlich des Nildeltas, fanden die Forscher nun erstmals die Überbleibsel einer Glasproduktionsstätte in Ägypten. Anhand von Keramikscherben konnten sie Krüge und Schmelztiegel rekonstruieren. Diese wurden offenbar in einem zweistufigen Prozess zur Glasproduktion verwendet. Im ersten Schmelzschritt bei rund 900 Grad Celsius wurden Quarzsand und Pottasche in einem Keramikkrug zu einem Zwischenglas geformt. Die Glashersteller schlugen dann die bierkrugförmige Keramik ab und zertrümmerten anschließend das Zwischenprodukt, um es von Verunreinigungen zu befreien. Durch einen weiteren Schmelzvorgang bei 1.100 Grad Celsius entstanden in offenen Keramiktiegeln Glasrohlinge von zehn Zentimetern Dicke.

Je nach Zumischen von Metalloxiden konnten die Glasproduzenten verschiedenfarbige Glasblöcke herstellen. Die Forscher vermuten, dass sich die Produktionsstätten auf unterschiedliche Farben spezialisiert hatten. Die Hersteller in Qintar verwendeten Kupferbeimengungen für die Glasfarbe Rot. Händler transportierten die Glasblöcke an weiterverarbeitende Hersteller oder Künstler. Da der Herstellungsprozess sehr viel Wissen erforderte, diente der Besitz von Glasgegenständen der herrschenden Elite in Ägypten als hohes Statussymbol, schreibt die britische Archäologin Caroline Jackson in einem Kommentar.

In früheren Untersuchungen versuchten Forscher anhand der chemischen Zusammensetzung von Glasgefäßen auf den Herkunftsort zu schließen. Doch dies schlug fehl, da die verschiedenen Temperatur- und Schmelzschritte die chemische Signatur des Glases offensichtlich verwischen. Die Forscher um Rehren schlugen daher einen anderen Weg ein: Da die Prozesstemperaturen des Schmelzens die Zusammensetzung der Keramiken verändern, konnten sie die Bruchstücke in vier Klassen von „kalt“ bis „sehr heiß“ einteilen. Damit konnte der Ablauf der zweistufigen Glasproduktion in Qantir nachvollzogen werden.

Thilo Rehren ( University College London) und Edgar Pusch ( Pelizaeus-Museum in Hildesheim ):
Science, Bd. 308, Seite 1756

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ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer
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