Doch das Alarmpheromon kann auch noch tiefgreifendere Folgen haben, entdeckten die Jenaer Forscher nun: Je häufiger die Läuse dem Duftstoff ausgesetzt sind, desto mehr geflügelten Nachwuchs produzieren sie ? allerdings nur, solange sie in einer Gruppe leben. Bei einzelnen Tieren konnten die Wissenschaftler diesen Effekt nicht nachweisen. Da die Insekten bis zu fünf Nachkommen pro Tag produzieren, greift diese Taktik sehr schnell.
Offenbar löst das Pheromon nur indirekt die Flügelbildung beim Nachwuchs aus, schließen die Wissenschaftler daraus. Ihre Erklärung: Wenn die Läuse als Reaktion auf das Alarmsignal zu wandern beginnen, berühren sie sich gegenseitig häufiger als in ruhigeren Zeiten. Dadurch entsteht bei den Tieren ein Gefühl der Überbevölkerung, denn solche Berührungen sind typisch für Gruppen, die aus zu vielen Individuen bestehen. Der höhere Anteil geflügelter ? und damit flexibler ? Nachkommen hilft dann, die Bevölkerungsdichte wieder zu erniedrigen.
Die Ergebnisse könnten helfen, effektivere Bekämpfungsmethoden gegen Blattläuse zu entwickeln, kommentieren die Forscher. Da die Häufigkeit der Pheromon-Freisetzung eine größere Rolle spielt als die freigesetzte Gesamtmenge, könnte beispielsweise ein wiederholtes, kurzzeitiges Besprühen befallener Felder mit EBF die Schädlinge wirksamer vertreiben als eine einfache, größere Dosis.
Grit Kunert (Friedrich-Schiller-Universität, Jena) et al.: Ecology Letters, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1111/j.1461-0248.2005.00754.x