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Fatale Fliegenerinnerungen

Erde|Umwelt

Fatale Fliegenerinnerungen
Ein gutes Gedächtnis kann für Fliegen unter bestimmten Bedingungen tödliche Folgen haben: Der Energieverbrauch für das Anlegen von Langzeiterinnerungen ist so hoch, dass er die Insekten in Zeiten von Wasser- und Nahrungsmangel extrem schwächt. Das haben Schweizer Forscher bei Untersuchungen an der Taufliege Drosophila melanogaster entdeckt. Vergesslichere Fliegen überleben daher schlechte Zeiten deutlich länger als ihre Artgenossen mit einem guten Langzeitgedächtnis.

Bei Drosophila gibt es zwei Formen des Gedächtnisses: das Langzeitgedächtnis (LTM) und das so genannte anästhesie-resistente Gedächtnis (ARM). Im Langzeitgedächtnis wird etwas erst nach wiederholten Lerneinheiten gespeichert, die von Ruhepausen unterbrochen werden. Zudem werden für die Bildung des LTM Eiweiße benötigt. Deshalb ist es energetisch kostspieliger als das ARM, das ohne Proteine aufgebaut wird und in dem auch Informationen gespeichert werden, wenn die einzelnen Lerneinheiten nicht von Ruhepausen unterbrochen sind. Im Langzeitgedächtnis werden Erinnerungen dafür jedoch länger gespeichert als im ARM.

In ihrer Studie untersuchten die beiden Wissenschaftler Frederic Mery und Tadeusz Kawecki nun, ob das Gedächtnis die Überlebenschance der Fliegen in extremen Stresssituationen beeinflusst. Die Wissenschaftler trainierten einige Drosophila-Exemplare darauf, einen bestimmten Geruch mit einem unangenehmen mechanischen Schlag in Verbindung zu bringen. 24 Stunden nach diesem Training erinnerten sich die Fliegen noch an den Geruch. Verhinderten die Biologen jedoch zwischen den Lerneinheiten die Eiweiß-Synthese und damit den Aufbau eines LTM, konnten sich die Fliegen die unangenehmen Folgen des Geruchs nicht mehr merken.

In einem zweiten Experiment schränkten die Forscher die den Fliegen zur Verfügung stehende Energie ein, indem sie ihnen weder Wasser noch Nahrung anboten. Unter diesen Bedingungen starben die Fliegen, die zwischen den Lerneinheiten Ruhepausen einlegten, durchschnittlich vier Stunden früher, weil sie einen Grossteil ihrer Energie für den Aufbau des LTM brauchten. Das energetisch kostspielige Langzeitgedächtnis bietet deshalb den Fliegen nicht nur Vorteile, schließen die Biologen aus ihren Untersuchungen. Ob und in welchem Ausmaß die natürliche Auslese ein Langzeitgedächtnis bevorzugt, hänge im jeweiligen Fall davon ab, ob seine Kosten oder seine Vorteile überwiegen.

Frederic Mery, Tadeusz Kawecki (Universität Fribourg): Science, Bd. 308, S. 1148

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ddp/wissenschaft.de ? Katharina Schöbi
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