Beim Menschen und bei anderen Säugetieren entscheidet ein Gehirnareal im so genannten präfrontalen Cortex, welche Informationen nur kurzfristig im Arbeitsspeicher abgelegt und welche dauerhaft gespeichert werden. Um zu testen, ob auch Vögel einen solchen Filtermechanismus besitzen, führten Jonas Rose und Michael Colombo Gedächtnistests mit einigen Felsentauben durch und zeichneten gleichzeitig die Hirnaktivität der Tiere auf. Dafür trainierten sie die Tauben darauf, sich bei einem hohen Ton eine bestimmte Form oder eine Farbe zu merken, während ein tiefer Ton anzeigte, dass sie beides getrost vergessen durften.
Wenn die Vögel den hohen Ton hörten, aktivierten sie eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen in einem Gehirnbereich, der dem präfrontalen Cortex entspricht, entdeckten die Forscher. Diese Neuronen waren tatsächlich für die Erinnerungsbildung zuständig, denn in anschließenden Tests erkannten die Tiere in fast 80 Prozent der Fälle die vorher gezeigten Formen und Farben wieder. Der tiefe Ton dagegen löste keinerlei ungewöhnliche Nervenaktivität im Hirn aus, und die Tauben konnten sich auch nicht besonders gut an die zuvor gesehenen Objekte erinnern.
Aus diesen Ergebnissen schließen die Wissenschaftler, dass Vögel tatsächlich einen ähnlichen Filter verwenden wie Säugetiere. Sie können damit gezielt relevante Informationen abspeichern und unwichtige verwerfen. Nach Ansicht der Forscher könnte dieser Filter den Tauben dabei helfen, Handlungen auf der Basis abgespeicherter Daten zu planen ? eine Fähigkeit, die bisher nur Menschen und Primaten zugesprochen worden war.
Jonas Rose und Michael Colombo ( Universität von Otago, Dunedin): PLoS Biology, Bd. 6, S. e190