Eine Gruppe von Wissenschaftlern der Universität von Kalifornien in San Diego will von der Natur lernen, wie brüchige Materialien dank einer cleveren räumlichen Anordnung zu festen Stoffen verarbeitet werden können. Ein gutes Beispiel dafür ist die Abalon-Wasserschnecke, deren aus kleinen Kalktäfelchen aufgebaute Schale selbst heftigen Drücken standhalten kann. Darüber berichtet das Fachmagazin Materials Science and Engineering A (Ausgabe vom 15. Januar 2005).
Dass aus Kalk aufgebaute Körper in der Regel spröde und brüchig sind, ist wohlbekannt ? man denke etwa nur an Tafelkreide. Daher ist es überraschend, dass das Schneckenhaus der Abalon-Schnecke gegenüber hohen Drücken und sogar Einschlägen weitgehend unempfindlich ist, obwohl es zu 95 Prozent aus Kalk besteht.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Marc Meyers ist dem Geheimnis der hohen mechanischen Belastbarkeit des Kalkgehäuses nun mit einem Elektronenmikroskop auf den Grund gegangen. Dabei stellte sich heraus, dass die Schale aus winzigen, nur wenigen Mikrometer großen Tafeln aus Kalk besteht, die durch einen Proteinklebstoff miteinander verbunden sind.
Wenn nun ein äußerer Druck auf die Schale ausgeübt wird, können die Kacheln ein wenig aneinander vorbei gleiten und somit die Energie des Aufpralls absorbieren. Meyers glaubt, dass ähnliche Konzepte in Zukunft die Herstellung leichtgewichtiger schusssicherer Westen ermöglichen könnten. Diese wären dann allerdings natürlich nicht aus Kalk, sondern aus etwas härteren Stoffen wie etwa Aluminium aufgebaut.
Stefan Maier