Die ungewöhnliche Pfeifsprache der Hirten auf der Kanareninsel La Gomera wird im Gehirn wie eine herkömmliche Sprache verarbeitet. Das haben Wissenschaftler herausgefunden, als sie kommunizierende Hirten mit so genannter funktioneller Magnetresonanztomographie untersuchten, mit der die Aktivität der einzelnen Hirnregionen bestimmt werden kann. David Corina von der Universität von Washington in Seattle und seine Kollegen von der Universität Teneriffa veröffentlichen ihre Ergebnisse im Fachmagazin Nature (Ausg. 433, Nr. 7021, S. 31).
„Silbo Gomero“ heißt die künstliche Pfeifsprache, die von den Hirten La Gomeras verwendet wird, um über längere Distanzen hinweg zu kommunizieren. Es handelt sich dabei um eine Abfolge von hohen und tiefen Tönen, die langanhaltend oder kurz gepfiffen werden. Die Wissenschaftler ließen die Hirten für ihre Studie Aufnahmen von Pfeiftönen aufmerksam lauschen und maßen dabei die Aktivität in verschiedenen Gehirnarealen. Anschließend bekamen die Hirten Wörter und Sätze in ihrer spanischen Muttersprache vorgespielt. Die Kontrollgruppe bestand aus Menschen, die ebenfalls Spanisch als Muttersprache hatten, jedoch die Pfeifsprache nicht beherrschten.
Jedes Mal, wenn die Hirten die ihnen so vertraute Pfeifsprache hörten, wurden Areale des Sprachzentrums aktiviert, das für Sprachverarbeitung und Sprachproduktion zuständig sind. Bei der Kontrollgruppe war dies jedoch nicht der Fall. Hörten die Hirten Wörter in ihrer Muttersprache, zeigten sie und die Kontrollpersonen jedoch dieselbe Hirnaktivität. Die Studie zeige, wie anpassungsfähig das menschliche Gehirn ist und wie flexibel es sich an verschiedene Formen von Sprache anpassen kann, kommentieren die Wissenschaftler ihre Ergebnisse.
ddp/bdw ? Birgit Buchroithner