Eine Gruppe von Physikern der Universität von Paris hat das jahrhundertealte Geheimnis des Wüstenrauschens gelöst: Die dem Tosen eines Düsenjets ähnlichen Geräusche entstehen beim Abgang von Sandlawinen an durch Wind erodierten Dünen. Dabei wirkt die flockige Oberflächenschicht der Dünen wie die Membran eines Lautsprechers, die Vibrationen der Unterschichten in Form von Schallwellen an die Luft weiterleitet. Das berichten die Forscher im Fachmagazin Physical Review Letters (Band 93 Artikel 238001).
Schon Marco Polo erzählt in den Berichten seiner Weltfahrten von seltsamen, tiefen Brummgeräuschen in Sandwüsten. Innerhalb der letzten Jahre haben Forscher herausgefunden, dass diese Wellen von kleinen Sandlawinen an Dünen abgegeben werden. Die Wellen können dabei je nach Größe der Lawine eine Schallstärke von bis zu 105 Dezibel erreichen und somit über mehrere Kilometer hinweg wahrgenommen werden.
Bruno Andreotti und seine Kollegen aus Paris haben nun den physikalischen Hintergrund dieses Phänomens aufgedeckt. In ihrer Studie untersuchten sie Vibrationen des Sandbodens in der Umgebung der Dünen und korrelierten diese mit gleichzeitig aufgefangenen Schallwellen.
Dabei stellte sich heraus, dass die Wellen von aneinanderprallenden Sandkörnern ausgelöst werden, die den Sand der Düne in Vibration versetzen. Diese Vibrationen werden dann durch die lockeren Oberflächenschichten in Form von Schallwellen an die Umgebung weitergeleitet.
Obwohl Andreotti seine Pionierarbeit vor Ort in der marrokanischen Sahara durchgeführt hat, glaubt er, dass nun Computersimulationen und kontrollierte Laborexperimente zu einem weiteren Verständnis dieser Prozesse gefragt sind. Dabei soll insbesondere untersucht werden, wie die zufälligen Zusammenstöße der Sandkörner großflächige Oberflächenwellen auslösen können.
Stefan Maier