Nach der Geburt verwerten Neugeborene den Inhalt ihrer eigenen Zellen, um nicht zu verhungern. Das hat eine Untersuchung japanischer Wissenschaftler an Mäusen gezeigt. Direkt nach der Geburt aktivierten die Nager dabei ein spezielles Zellverdauungsystem namens Autophagozytose. Damit können sie aus körpereigenen Stoffen ausreichend Energie gewinnen, um den Nährstoffmangel bis zur ersten Milchmahlzeit zu überleben. Das berichten Akiko Kuma von der japanischen Wissenschafts- und Technologieagentur PRESTO in Kawaguchi und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift Nature (Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1038/nature03029).
Bei der
Autophagozytose bauen Säugetiere den Inhalt körpereigener Zellen ab und wandeln diesen unter anderem in
Aminosäuren, die Bausteinen der Proteine, um. So können sie die Zeit nach der Abtrennung der Nährstoffzufuhr über die Plazenta bis zum ersten Stillen überbrücken. Im Mutterleib spielt dieser Prozess nur eine sehr geringe Rolle, entdeckten die Forscher. Direkt nach der Abtrennung von der Plazenta bei der Geburt stiegen die Werte jedoch deutlich an. Die höchste Aktivität fanden die Wissenschaftler dabei nach etwa drei bis sechs Stunden im Herzen, in der Haut und der Lunge. Erst nach ein bis zwei Tagen nahmen die Autophagozytosewerte wieder ab und gingen auf das Ausgangsniveau zurück.
Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Autophagozytose tatsächlich dem Energiegewinn dient: Mäuse, die von Geburt an nicht über ein für die Autophagozytose unverzichtbares Gen verfügten, hatten deutlich weniger Aminosäuren zur Verfügung und starben einen Tag nach ihrer Geburt, obwohl sie sich sonst normal entwickelt hatten und gesund schienen. Offenbar benötigen Säugetiere demnach die körpereigenen Aminosäuren, um den Energiebedarf nach der Geburt zu decken, so die Forscher. Bei erwachsenen Tieren spielen diese Prozesse jedoch zunächst keine Rolle. In Hungerzeiten werden zuerst die körpereigenen Fett- und Zuckerreserven aufgebraucht, ehe es zu einem Abbau von Zelleiweißen kommt.
ddp/bdw – Eva Hörschgen