Jetzt untersuchen Forscher um Eleanor Blakely vom Lawrence Berkeley National Laboratory erstmals, wie das Augengewebe auf Strahlung reagiert. Dazu züchteten sie Stammzellen, die sich vor den Linsen befinden, in der Petrischale. Im Zentrum der Linsen befinden sich so genannte Fiberzellen, die glasklar sind. Sie werden bei Bedarf durch die Stammzellen ersetzt. In einer erstaunlichen Metamorphose ziehen sich die Stammzellen zunächst in die Länge, entledigen sich ihrer Organellen und werden zu einer Art Sack mit kristallinen Proteinen im Innern.
Blakely und ihre Kollegen konnten jetzt zeigen, dass energiereiche Strahlung die Umwandlung der Epithelzellen in Fiberzellen stört. Dabei sind mehrere Gene beteiligt, konnte die Forscherin zeigen. Eines davon, FGF-2, hilft den Zellen normalerweise dabei, mit Stress fertig zu werden. Dieses Gen ist nach einer Strahlendosis besonders aktiv und setzt zwei weitere Gene namens p21 und p57 in Gang, die normalerweise die Zellteilung und die Umwandlung in Fiberzellen steuern. Blakely vermutet, dass diese Prozesse durch die Strahlung aus dem Gleichgewicht geraten, so dass anomale Fiberzellen entstehen. Erst nach Jahren sammeln sich so viele dieser trüben Zellen im Zentrum der Linse, dass der Graue Star sichtbar wird.
In der Regel entwickelt sich ein Grauer Star langsam, doch hohe Strahlungsdosen könnten die Vorgänge beschleunigen. Das dürfte auch zukünftige Astronauten interessieren, denn auf einem sechsmonatigen Flug zum Mars wird die Belastung schließlich wesentlich höher sein als auf einem Fünf-Tages-Trip zum Mond.