Für den Abbau ihrer eigenen Proteine benötigen Zellen jedoch sehr wohl Energie, ergab eine Studie Anfang der fünfziger Jahre. Diese Entdeckung und einige eigene Ergebnisse aus den siebziger Jahren brachte Ciechanover, Hershko und Rose dazu, sich den dahinter steckenden Mechanismus genauer anzusehen. Im ersten Schritt des Proteinabbaus wird das unerwünschte Protein unter Energieverbrauch an eine Art molekulares Etikett gebunden, ergaben die Untersuchungen. Dieses Etikett ist ebenfalls ein Protein namens Ubiquitin, das aus 76 Aminosäurebausteinen besteht und ? wie der Name schon sagt ? in praktisch jeder bekannten eukaryotischen Zelle vorkommt. Weitere Studien zeigten, dass an die zum Abbau vorgesehenen Proteine nicht nur ein Ubiquitinmolekül gekoppelt wird, sondern mehrere.
Diese Kette von Ubiquitinen ist es, die schließlich von der zellulären Entsorgungsstelle, dem so genannten Proteasom, erkannt wird: Wie ein Schlüssel passt sie in eine Art Schloss an dem tonnenförmigen Proteinkomplex, in dessen Inneren sich das aktive Zentrum des Komplexes, die eigentliche Zerkleinerungsanlage für die Proteine, befindet. Dieser Aufbau gewährleistet, dass wirklich nur die Eiweiße mit dem aktiven Zentrum in Kontakt kommen, die auch für die Zersetzung vorgesehen sind. Ist ein Protein anhand seines Ubiquitinschlüssels identifiziert, wird die Markerkette abgespalten und das Eiweiß im Inneren des Proteasoms in 7 bis 9 Aminosäuren lange Bruchstücke gespalten.
Während die Aufklärung des Mechanismus in einem zellfreien System erfolgte, konnte Avram Hershko die Ergebnisse später am lebenden Organismus bestätigen: Er zeigte, dass die Zellen tatsächlich das Ubiquitin-System nutzen, um fehlerhafte oder nicht mehr erwünschte Proteine zu entsorgen. Neben der Regulierung zentraler Prozesse betreibt die Zelle damit auch ein wirksames Qualitätsmanagement: Bis zu einem Drittel aller neu gebildeten Eiweißmoleküle werden wieder zerstört, weil sie den hohen Qualitätsansprüchen der Zelle nicht genügen.