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Wie sich die Erde von einer Kaffeetasse unterscheidet

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Wie sich die Erde von einer Kaffeetasse unterscheidet
Würde man eine Schlinge um die Erde legen, dann kann man diese Schlinge immer kleiner zusammenziehen, ohne dass sie dabei irgendwo die Erdoberfläche verlässt oder gar die Erde durchdringt. Legt man eine Schlinge auf die Oberfläche einer Kaffeetasse ? den Henkel mit eingeschlossen ? dann gelingt das Zusammenziehen ohne Verlust des Kontaktes nicht in jedem Fall. Im Jahr 1904 formulierte der Mathematiker Henri Poincaré eine berühmt gewordene Vermutung: Jede Oberfläche, auf der sich alle erdenklichen Seilschlingen zu einem Punkt zusammenziehen lassen, ist eine ? möglicherweise deformierte ? Kugeloberfläche. Der noch ausstehende Beweis für diese dreidimensionalen “Flächen” scheint jetzt endgültig gefunden zu sein, wie das Wissenschaftsmagazin New Scientist (17. Juli 2004) berichtet.

Während sich die Geometrie für mathematische Eigenschaften wie Volumen, Fläche, Abstand, Winkel und Krümmung interessiert, geht es bei der Topologie um allgemeinere Eigenschaften eines geometrischen Objektes. Vereinfacht ausgedrückt interessiert sich die Topologie dafür, wie viele Löcher ein Objekt hat. Die zweidimensionale Oberfläche einer dreidimensionalen Kugel hat beispielsweise kein Loch. Man sagt auch: Die Kugeloberfläche ist einfach zusammenhängend, weil sich auf ihr jede beliebig verlegte Seilschlinge zu einem Punkt zusammenziehen lässt.

Für die Oberfläche eines Torus, wie es beispielsweise ein Autoreifen ist, gilt das nicht. Zwar gibt es auch hier die Möglichkeit, eine Seilschlinge so zu verlegen, dass man sie zum Punkt zusammenziehen kann. Aber wenn die Schlinge das Loch oder aber den Reifenschlauch selbst zwischen sich hat, kann man sie nicht zusammenziehen, ohne dass sie die Torusoberfläche verlässt. Deshalb ist die Torusoberfläche aus topologischer Sicht etwas grundlegend anderes als die Kugeloberfläche.

Dagegen ähnelt die Oberfläche einer Tasse der eines Torus. Stellt man sich die Tasse aus verform- und dehnbarem Gummi vor, dann kann man sie zu einem Reifen umformen, ohne sie dabei irgendwo zu zerreißen oder aufzuschneiden. Wichtig ist nur, dass das vom Henkel umformte Loch erhalten bleibt.

Poincaré selbst hat seine Vermutung für den anschaulichen Fall zweidimensionaler Oberflächen von dreidimensionalen Objekten bewiesen. Inzwischen ist seine Vermutung für fast alle Dimensionen bewiesen worden. Kurioserweise fehlt bisher ausgerechnet der dreidimensionale Fall, der für die Topologie unseres Universums relevant sein könnte.

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Einen wichtigen Beitrag lieferte um 1980 William Thurston von der Cornell-Universität. Zwar hatte er keinen Beweis, sondern nur eine weitere Vermutung, aber eine, die sich als entscheidender Schritt herausstellen sollte. Er behauptete, dass es im dreidimensionalen Fall acht topologische Objekte gibt, aus denen man in einer Art Baukastenprinzip alle möglichen Objekte “zusammenbauen” kann.

Thurstons Behauptung ermöglicht eine Klassifizierung dreidimensionaler Räume, mit deren Hilfe Poincarés Vermutung sofort beweisbar ist. Die Herausforderung lag also jetzt darin, Thurstons Vermutung zu beweisen.

Dies scheint nun Grigori Perelman vom Steklov-Institut für Mathematik in Sankt Petersburg gelungen zu sein. Er veröffentlichte Ende 2002 einen Beweis, der seitdem von Mathematikern in aller Welt auf Herz und Nieren geprüft wird. Bisher wurde kein Fehler gefunden. Sollte dies so bleiben, dann winken Perelman der vom Clay Mathematics Institute in Cambridge für die Lösung des Beweises ausgesetzte Preis: eine Million Dollar.

Axel Tillemans
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