Hauptbestandteil von Scherrers Theorie ist ein physikalisches Feld, das das gesamte Universum durchdringt. Solch ein „K-Essenz-Feld“ ist bereits von Paul Steinhardt von der Princeton-Universität als Erklärung für die Dunkle Energie vorgeschlagen worden. Doch Scherrer hat jetzt berechnet, dass dieses Feld unter bestimmten Bedingungen die Eigenschaften von unsichtbaren Teilchen nachahmt und somit auch als Kandidat für die Dunkle Materie in Frage kommt.
Während die Existenz der Dunklen Materie postuliert wurde, um eine sonst nicht zu erklärende Gravitationskraft zu erzeugen, ist die Dunkle Energie für das Gegenteil zuständig. Sie beschleunigt die Ausdehnung des Raumes und treibt damit das Universum auseinander. Das K-Essenz-Feld verändert dagegen sein Verhalten mit der Zeit und kann sowohl anziehende als auch abstoßende Kräfte ausüben. „Das Modell strebt auf natürliche Weise einen Zustand an, der eine Zeit lang wie Dunkle Materie aussieht und später Dunkler Energie ähnelt“, sagt Scherrer.
Doch das Gelbe vom Ei ist Scherrers Theorie noch nicht, wie er selbst einräumt. Neben dem unbestrittenen Vorteil, zwei unbekannte Dinge auf eine unbekannte Kraft zurückzuführen, schafft sie ein neues Problem: Seiner Theorie zufolge kann sich das K-Essenz-Feld nicht nur wie Dunkle Materie und Dunkle Energie verhalten, sondern muss sich zusätzlich in der Frühzeit des Universums wie Strahlung verhalten haben. Zwar gab es im frühen Universum tatsächlich eine Menge Strahlung, aber deren Ursachen sind bereits sehr gut verstanden. Eine zusätzliche Strahlung würde nicht ins Bild passen.
Scherrer kann diese überflüssige Strahlung nur mit einem „Finetuning“ aus seiner Theorie entfernen. Das heißt, er muss einige frei wählbare Parameter gerade so einstellen, dass sein Modell diese Strahlung nicht erzeugt. Eine befriedigende physikalische Theorie sollte ohne solch willkürliche Eingriffe auskommen.
Außerdem erklärt seine Theorie nicht, wieso die heute im Universum vorhandenen Anteile an Dunkler Materie und Dunkler Energie zufällig in der gleichen Größenordnung liegen. Wieso ist nicht eine der beiden Ingredienzien eine Million, 10 Billionen oder 100 Trilliarden mal größer als die andere? Eine endgültige Theorie sollte dafür eine Erklärung liefern.
Scherrers Artikel finden Sie auch im ePrint-Archiv arXiv.org (astro-ph/0402316).