Großen Erdbeben können Nachbeben in großem Umkreis nach sich ziehen. Das Denali-Erdbeben im Jahr 2002 in Alaska beispielsweise versetzte selbst die Erdkruste in den US-Bundesstaaten Utah und Nevada noch in erhebliche Unruhe, berichten Forscher um Joan Gomberg vom Geologischen Dienst der USA (USGS) im Wissenschaftsmagazin Nature (Bd. 427, S. 621).
Das Denali-Erdbeben zählt mit einer Magnitude von 7,9 zu den stärksten Beben der letzten hundert Jahre in Nordamerika. Bei diesem Beben schoben sich die Pazifische Platte und die Nordamerikanische Platte an ihrer Grenze auf einer Länge von 300 Kilometern seitlich aneinander vorbei. Gomberg und ihre Kollegen untersuchten die Aufzeichnungen von Seismografen in Nordamerika während eines Zeitraumes acht Stunden vor und acht Stunden nach dem Beben. Sie stellten fest, dass die Seismizität in einem Streifen parallel zu der Denali-Verwerfung, entlang der amerikanischen Westküste, zunahm.
Die kleinen Erschütterungen wurden offenbar direkt von den seismischen Wellen des Denali-Bebens ausgelöst: Die Forscher stellten fest, dass die meisten Nachbeben nur Minuten nach der Ankunft der ersten seismischen Wellen auftraten. Selbst in Gebieten, die eigentlich tektonisch nicht aktiv sind, löste das Denali-Beben kleinere Erschütterungen aus. Die Forscher schließen daraus, dass viele Verwerfungen der Erdkruste sich in einem kritischen Zustand befinden und ein geringer Auslöser ausreicht, um sie ins Rutschen zu bringen. Ähnliche Beobachtungen wurden bereits 1992 nach dem verheerenden Landers-Beben in Kalifornien gemacht. Damals hatte man den Effekt allerdings für eine lokale Besonderheit gehalten.
Ute Kehse