Amerikanische Wissenschaftler äußern Zweifel an der Authentizität der in St. Petersburg bestatteten Gebeine der letzten Zarenfamilie. Die DNA-Tests, mit denen russische Forscher 1994 die Identität der sterblichen Überreste bestimmt hatten, seien völlig mangelhaft gewesen, kritisieren Alec Knight von der Stanford-Universität und seine Kollegen im Fachmagazin Annals of Human Biology (Online-Vorabveröffentlichung). Es sei mehr als fraglich, ob die Gebeine wirklich von der Zarenfamilie stammten.
Die vermeintlichen sterblichen Überreste des 1918 von Bolschewiken ermordeten russischen Zaren Nikolaus II und seiner Familie waren 1991 nahe Ekaterinburg im Ural aus einem Massengrab geborgen worden. Russische Wissenschaftler um Pavel Ivanow vom
Engelhardt-Institut für Molekularbiologie in Moskau entnahmen Proben und verglichen die DNA mit dem Erbgut noch lebender, weitläufiger Verwandter der Zarenfamilie. Nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 700 zu 1 stammten die Gebeine nicht von der Zarenfamilie, lautete das 1994 veröffentlichte Ergebnis der Untersuchung. Die Überreste der Familie wurden am 80. Jahrestag ihrer Ermordung unter Beisein von Russlands damaligem Präsidenten Boris Jelzin feierlich beigesetzt.
Die Untersuchung sei in jeder Hinsicht von extremen Unregelmäßigkeiten geprägt gewesen, kritisieren Alec Knight und seine Kollegen jetzt die Arbeit ihrer russischen Kollegen. So sei die untersuchte DNA eindeutig verunreinigt gewesen, denn sie könne unmöglich von den alten Knochen aus dem Grab stammen, so Knight. In solch alten Proben wie den angeblichen Zaren-Knochen sei der größte Teil des Erbguts bereits zersetzt, so dass solche langen DNA-Schnipsel, wie Ivanow sie vorgelegt habe, dort gar nicht mehr existierten. Auch sei das in den Untersuchungen als DNA der Zarin Alexandra bezeichnete Erbgut nicht mit dem genetischen Profil ihrer Schwester Elisabeth in Übereinstimmung zu bringen, von der noch ein Finger erhalten ist. Ivanow selbst bezeichnet die Vorwürfe seiner amerikanischen Kollegen als „Nonsens“ und weist sie weit von sich.
ddp/bdw ? Ulrich Dewald