Frühere Studien hatten bereits gezeigt: Das altersbezogene Aussehen eines Menschen wird etwa zur einen Hälfte von äußeren Faktoren wie Ernährung und Lebenswandel bestimmt und zur anderen von seinen Genen. Interessanterweise scheint sich im Gesicht eines Menschen dabei auch tatsächlich das biologische Alter widerzuspiegeln, zeigten Untersuchungen: Menschen mit vergleichsweise jung eingeschätzten Gesichtern besaßen eine höhere Lebenserwartung und besseren Gesundheitszustand als Personen, die eher älter wirkten.
Ein Aussehens-Effekt von zwei Jahren
Um den genetischen Faktoren hinter diesen Zusammenhängen auf die Spur zu kommen, haben die Forscher um Manfred Kayser vom Erasmus MC University Medical Center Rotterdam Informationen der sogenannten „Rotterdam Study“ ausgewertet. Es handelt sich um eine Datenbank mit genetischen Informationen zu 2600 älteren Frauen und Männern aus den Niederlanden. Zu jeder Person gibt es auch Porträtfotos, denen jeweils 27 Probanden Alterseinstufungen zugeordnet haben. Zudem waren typische Zeichen der Alterung von Gesichtern durch ein Computerprogramm auf den Fotos erfasst worden: Falten und Pigmentflecken. Bei ihrer Analyse machten sich die Forscher nun auf die Suche nach genetischen Besonderheiten, die mit den Alterseinstufungen verknüpft sein könnten.
Dabei stießen sie auf das Gen mit der Bezeichnung MC1R. Variationen dieser Erbanlage stehen den Auswertungen zufolge damit im Zusammenhang, wie alt jemand seinen Mitmenschen erscheint. Sowohl Frauen als auch Männer mit speziellen MC1R-Varianten in ihrem Erbgut werden im Durchschnitt etwa zwei Jahre älter eingeschätzt als sie wirklich sind. „Zum ersten Mal wurde ein Gen gefunden, das teilweise erklären könnte, warum manche Menschen für ihr Alter älter aussehen und andere jünger“, resümiert Kayser.
Was macht das Gen?
Interessanterweise war der Effekt der älter machenden Versionen des MC1R-Gens nicht mit einer höheren Zahl an Falten oder Pigmentveränderungen verknüpft, berichten die Forscher. Demnach hat seine Funktion offenbar mit anderen Aspekten des altersbezogenen Aussehen zu tun. Neben einer Rolle für Haar und Hautfarbe ist von MC1R auch eine Funktion bei Entzündungsprozessen und bei der Reparatur von DNA-Schäden bekannt. Möglicherweise liegt darin die Ursache für den Zusammenhang mit dem Aussehen eines Menschen, vermuten die Forscher. Sie betonen allerdings auch, dass es sich bei dem Gen nur um einen von vielen Faktoren handelt, der das wahrgenommene Alter beeinflusst.
Welche äußerlichen Effekte das MC1R-Gen genau beeinflusst, wollen die Forscher jetzt durch weitere Untersuchungen aufklären. Auch nach anderen Erbanlagen mit Alters-Wahrnehmungs-Wirkung wollen sie nun suchen. Ihnen zufolge könnten sich daraus Hinweise auf die Grundlagen des Alterns und die damit verbunden Gesundheitseffekte ergeben. „Wir glauben, dass die Wahrnehmung von Alter eine der interessantesten Möglichkeiten ist, um zu untersuchen, wie und warum Menschen ‚gut‘ altern, was zu Durchbrüchen in der Altersforschung führen könnte“, sagt Co-Autor David Gunn vom Colworth Science Park in Sharnbrook (UK).