Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Dr. Roboter im OP

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Dr. Roboter im OP
16-05-04-oproboter.jpg
Der OP-Roboter beim Nähen einer Naht am Schweinedarm (Foto: Carla Schaffer / AAAS)
Bisher agieren Roboter im Operationssaal meist nur als Assistenten menschlicher Chirurgen – doch das könnte sich künftig ändern. Denn US-Forscher haben nun den Prototypen eines OP-Roboters vorgestellt, der auch Eingriffe an Weichteilen autonom bewältigen kann. Im Test nähte der OP-Roboter selbstständig Gewebeschnitte und führte eine Darm-OP bei einem Schwein durch – und dies ebenso erfolgreich und komplikationsfrei wie ein menschlicher Chirurg.

Den meisten von uns dürfte beim Gedanken an einen Roboter als Operateur eher mulmig zumute werden. Möglicherweise zurecht? Immerhin musste Robodoc, der Ende der 1990er als Durchbruch gefeierte Operationsroboter, inzwischen ausgemustert werden. Beim Einsetzen künstlicher Hüftgelenke waren in seinen Operationen zu viele Fehler und Komplikationen aufgetreten. Andererseits jedoch haben robotische Helfer heute längst Einzug in die OP-Säle gehalten. Sie assistieren bei endoskopischen Eingriffen, helfen bei der Lokalisation von Tumoren und verhindern sogar, dass der Operateur zu tief schneidet. Doch bei all diesen Helfern hat die Kontrolle noch immer der Mensch. Bei autonomen OP-Robotern wäre dies anders: Sie agieren – überwacht vom Operateur – selbstständig. „Autonome OP-Roboter versprechen erhöhte Effizienz, Sicherheit und besserte Umsetzung optimierter OP-Techniken“, erklären Azad Shademan vom Children’s National Health System in Washington DC und seine Kollegen. Denn ihrer Ansicht nach ist die Hauptfehlerquelle im Operationssaal noch immer der Mensch.

Bisher jedoch ließen sich solche autonomen Roboter maximal für orthopädische Eingriffe einsetzen, weil Operationen an Weichteilen zu unberechenbar sind. „Das Problem war vor allem der Mangel an geeigneten optischen Systemen, die die Zielgewebe erkennen können und der Mangel an intelligenten Algorithmen, die komplexe chirurgische Aufgaben bewältigen können“, erklären die Forscher. Inzwischen jedoch hat sich das geändert: Shademan und seine Kollegen haben nun den Prototypen eines autonomen OP-Roboters vorgestellt, der auch Weichteil-Eingriffe durchführen kann. Ihr „Smart Tissue Autonomous Robot“ (STAR) ist dafür mit einem hochauflösenden optischen 3D-Tracking-System ausgerüstet, das es ihm ermöglicht, mittels Kamera und zuvor platzierten fluoreszierenden Markern die Zielgewebe genau zu erfassen. Ein Drucksensor registriert, wann und wie stark der Roboter mit seinen Instrumenten das Gewebe berührt. Diese Sensorinformationen ermöglichen es dem Roboter, seine Vorab-Programmierung flexibel an die Gegebenheiten der Operation anzupassen, wie die Forscher erklären.

Roboter näht Schweinedarm

Für den ersten Test wurde der Roboterarm des Geräts mit einem frei beweglichen Werkzeug ausgerüstet, mit dem es chirurgische Nähte anlegen kann. Seine erste Aufgabe war es, einen einfachen Schnitt im Darm eines toten Schweins zu verschließen. Die Forscher verglichen die Präzision der Naht, die Zeit und die Fehlstiche dabei mit den Leistungen eines erfahrenen Chirurgen, der die gleiche Operation einmal mit offenem Schnitt und einmal mittels Laparoskopie durchführte. Das Ergebnis:  STAR war zwar etwas langsamer als sein menschlicher Kollege, dafür lagen seine Stiche enger als bei der Laparoskopie und seine Naht widerstand höheren Drücken ohne Lecks als die Nähte des menschlichen Chirurgen. „Zudem haben wir keine signifikanten Unterschiede bei Fehlplatzierungen der Nadeln festgestellt, was darauf hindeutet, dass STAR selbst beim Nähen in verformbaren weichen Geweben ebenso geschickt ist wie ein erfahrener Chirurg“, konstatieren Shademan und seine Kollegen.

In einem weiteren Test sollte der OP-Roboter zwei durchtrennte Enden des Schweinedarms miteinander verbinden – erst am toten, dann auch am lebenden Tier. Weil hier die Naht nicht einfach nur in einer geraden Linie verläuft, ist dieser Eingriff deutlich komplizierter. Doch auch dabei schlug sich STAR ziemlich gut, wie die Forscher berichten. „Vergleicht man die Konsistenz der Naht und die Schwankungen zwischen aufeinander folgenden Stichen, dann war die Leistung von STAR sogar besser als die aktuellen Standards für offene und laparoskopische Eingriffe“, betonen sie. Allerdings: Der OP-Roboter war auch hier deutlich langsamer als der menschliche Chirurg. Zudem musste er die Nadel in kniffligen Ecken oft mehrfach neu ansetzen und seine Position korrigieren. Wie die Forscher erklären, gibt das STAR-System deshalb dem überwachenden Chirurgen die Möglichkeit, an solchen Stellen steuernd einzugreifen. Für das Schwein ging die Operation bei Roboter-Chirurgen jedenfalls glimpflich aus:  Auch sieben Tage nach der OP gab es nach Angaben der Wissenschaftler keine Komplikationen, die Naht war zudem genauso stabil wie die des menschlichen Chirurgen.

Anzeige

Nach Ansicht der Forscher beweist ihr Experiment, dass Roboter inzwischen weit genug entwickelt sind, um selbst Operationen an Weichteilen autonom durchzuführen. „Wir demonstrieren, dass eine überwachte Autonomie mit STAR nicht nur machbar ist, sondern in einigen Aspekten sogar die Leistungen herkömmlicher Chirurgietechniken übertreffen kann“, so Shademan und seine Kollegen. Das wecke die Hoffnung, dass solche Systeme eines Tages mehr Sicherheit, Effizienz und medizinische Möglichkeiten in die Operationssäle bringen. Allerdings betonen sie auch: „Uns geht es keineswegs darum, die Chirurgen zu ersetzen, sondern wir wollen die menschlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten erweitern.“

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

erd|um|span|nend  〈Adj.〉 die ganze Erde umspannend

Per|sön|lich|keits|recht  〈n. 11; Rechtsw.〉 Grundrecht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde u. seiner individuellen Persönlichkeit ● es liegt ein Verstoß gegen das ~ vor

Pop–up  〈[–p] n. 15; IT; kurz für〉 Pop–up–Fenster

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige