Eine Gruppe bakterieller Parasiten hat weniger Gene in ihrem Erbgut als Wissenschaftler bisher für lebensnotwendig hielten. Diesen so genannten Phytoplasmen fehlen sogar Stoffwechselgene, die bei allen anderen Organismen für die Versorgung mit Nährstoffen unverzichtbar sind. Über diese Entdeckung berichten japanische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Genetics (Online-Vorabveröffentlichung, DOI 10.1038/ng1277).
Phytoplasmen können von Wanzen oder Zikaden auf Obstbäume übertragen werden. Dort verursachen sie Symptome wie zusammengerollte Blätter, ein verfrühtes Einsetzen der Herbstfärbung und verkümmerte Früchte. Die winzigen Bakterien haben keine Zellwand und leben im Inneren der Pflanzenzellen. Diese Umgebung ist wie ein Schlaraffenland für die Parasiten, da das so genannte Zytoplasma im Inneren der Zellen sehr reich an Nährstoffen wie Kohlenhydraten und Eiweißbausteinen ist.
Genau damit ist auch das ungewöhnliche Genom der Phytoplasmen zu erklären, schreiben Kenro Oshima und seine Kollegen von der Universität in Tokio. Da den Parasiten ihr Futter sozusagen auf dem Silbertablett serviert wird, schleusen sie einfach die Stoffwechselprodukte in ihr Inneres ein und benötigen damit keine eigene Maschinerie für die Energiegewinnung aus der Nahrung mehr. Im Lauf der Evolution verschwanden dann die unnütz gewordenen Teile des Erbguts und das heutige Minimalgenom entstand.
Eine andere Gruppe von Genen wurde dagegen immer wichtiger für die Parasiten, was sich auch im Genom der Mikroben zeigte: Die Gene mit den Informationen für Transportermoleküle, mit deren Hilfe verschiedene Nährstoffe durch die Zellmembran ins Innere der Bakterienzelle transportiert werden können, sind überdurchschnittlich häufig im Erbgut der Phytoplasmen vertreten.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel