Innerhalb der Drüse ist das Fibroin im Wasser gelöst. Seine Konzentration ist relativ gering, daher bildet es kleine Kugeln. Während des eigentlichen Spinnvorgangs wird der Lösung immer mehr Wasser entzogen und die kleinen Kugeln lagern sich zu größeren Verbünden zusammen. Schließlich entsteht eine gelartige Masse, in der die Verbünde der Kugeln aneinander hängen. Erzeugen Spinnen oder Raupen nun in dieser Masse eine Spannung, verformen sich die Kugeln und richten sich entlang der Achse dieser Kraft aus. Gleichzeitig wird der entstehenden Faser das restliche Wasser entzogen und es bildet sich der extrem stabile Seidenfaden.
Eine strikte Kontrolle dieser Vorgänge ist für Spinnen und Raupen lebenswichtig: Eine zu frühe Kristallisation der Eiweiße würde ihre Spinndrüsen verstopfen, eine zu späte Aushärtung der Fäden zu unvollständigen Netzen und nicht funktionsfähigen Kokons führen. Kaplan und Jin hoffen nun, dass durch die Aufklärung der Mechanismen des Spinnens auch die Herstellung von industriell gefertigter künstlicher Spinnenseide ermöglicht wird. Dieses stabile und belastbare Material könnte unter anderem im medizinischen Bereich eingesetzt werden.