Die Forscher untersuchten das Farbsehvermögen von Degus mit Hilfe von Elektroretinogrammen und fanden, dass sich das sichtbare Spektrum für diese Tiere bis in den UV-Bereich erstreckt. Um eine Antwort auf die Frage nach dem Nutzen dieser UV-Tüchtigkeit zu finden, untersuchten sie die natürliche Umgebung der Tiere auf UV-Quellen. Die von den Tieren als Nahrung genutzten Pflanzen reflektierten nur geringe UV-Anteile, ebenso Erde, Sand und Steine. Fündig wurden die Forscher jedoch bei den Duftmarken, mit denen Degus ihre Umgebung markieren.
In Degu-Kolonien ziehen gemeinsam benutzte Hauptpfade durch das Gelände und zu den Sandsuhlen. Diese kommunalen Einrichtungen werden ausgiebig mit Urin und Kot markiert, teils zur eigenen Orientierung, teils zur Abgrenzung des Territoriums gegen Nachbarkolonien.
Die Messungen ergaben, dass frischer Degu-Urin die UV-Anteile des Lichtes viel stärker reflektiert als die längerwelligen Anteile. Im Gegensatz dazu reflektiert alter, eingetrockneter Urin hauptsächlich die längerwelligen Anteile und nur sehr wenig UV. Dank ihrer UV-empfindlichen Augen können Degus frische und ältere Urinmarken auch optisch und nicht nur anhand ihrer Geruchsintensität unterscheiden. Sie können also sehen, wo kürzlich ein Artgenosse entlang gelaufen ist und wo die aktuellen Szenetreffs sind.
Da Geruchssignale durch Luftbewegungen zerstreut werden und deshalb keine sehr präzisen Ortsmarken darstellen, böte die visuelle Ortung der Urinmarken einen signifikanten Zugewinn an Orientierungsgenauigkeit. Unter diesem evolutionären Druck könnten die Nager ihre UV-Tüchtigkeit bewahrt haben.