Belgische Forscher haben ein neuartiges Material hergestellt, das den elektrischen Strom gut, Wärme hingegen sehr schlecht leitet. Dies ist überraschend, da in gewöhnlichen Kristallen beide Eigenschaften miteinander einhergehen. Der neue Stoff könnte so als eine hocheffiziente elektrische Kühlschicht etwa in Computerprozessoren eingesetzt werden. Über ihre Eregebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Physical Review Letters (Bd. 90, Nr. 135505).
Das Geheimnis des von Raphael Hermann von der Universität Liege entwickelten Kristalls liegt in seinem mikroskopischen Aufbau. Der Kristall besteht aus kleinen Metallkäfigen aus Kobalt und Antimon, die jeweils mit einem einzigen Thalliumatom gefüllt sind. Die Thalliumatome benachbarter Käfige sind dabei nur schwach aneinander gebunden ? sie werden quasi durch die Metallkäfige voneinander abgeschirmt. Wenn der Kristall daher erwärmt wird, zappeln die Thalliumatome unabhängig voneinander in alle möglichen Richtungen hin und her.
Diese Unregelmäßigkeit verhindert die Ausbreitung geordneter Gitterschwingungen durch den Kristall, so dass dieser Wärme schlecht leitet. Ein Elektronenstrom hingegen wird von den ungeordneten Zitterbewegungen nur schwach beeinflusst. Der Kristall kann daher elektrischen Strom weiterhin gut leiten. Er ist somit ein guter Strom- aber ein schlechter Wärmeleiter.
Die Wärmeleitfähigkeit des Kristalls ist allerdings nicht gleich Null ? Wärme kann weiterhin durch den Elektronenstrom zu- oder abgeführt werden. Dies ist jedoch viel ineffizienter als die Leitung von Wärme durch Gitterschwingungen, wie sie in herkömmlichen Kristallen vorkommt. Der Stoff kann daher als eine effiziente Kühlschicht eingesetzt werden, in der Wärme durch Elektronen von einer heißen Quelle wie etwa der Oberfläche eines Mikrochips abgeführt wird, ohne dass dabei ein Teil durch Gitterschwingungen zurückfließt.
Stefan Maier