Ein seltenes Exemplar eines bisexuellen Zebrafinken stellt die Theorie in Frage, dass das Gehirn seine männliche oder weibliche Prägung ausschließlich durch Hormone erhält. Sowohl der Körper als auch das Gehirn des Vogels sind auf der rechten Seite männlich, auf der linken Seite weiblich, berichten amerikanische Forscher im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (Online-Vorabveröffentlichung).
Bei Säugetieren und Vögeln wird die Ausbildung der Sexualorgane durch Gene der Geschlechtschromosomen gesteuert. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass die weiblichen oder männlichen Hormone der Geschlechtsorgane anschließend für die geschlechtsspezifische Ausprägung der Körper- und Gehirnzellen sorgen. Doch der Zebrafink, den die Forschergruppe um Arthur
Arnold von der Universität Kalifornien in Los Angeles untersucht hat, stellt diese weithin akzeptierte Vorstellung in Frage. Dann sollten nämlich alle Zellen des Körpers gleichermaßen „männlich“ oder „weiblich“ sein.
Bereits äußerlich unterschied sich der Körper des Finken auf beiden Seiten deutlich: Nur auf der rechten Seite war das typisch männliche Muster mit einem orangen Backenfleck und schwarz-weißen Streifen auf der Brust zu finden. Zusätzlich hatte aber auch das Gehirn eine männliche und eine weibliche Hälfte. So war der Bereich, der für den geschlechtstypischen Gesang zuständig ist, auf der rechten Seite typisch männlich ausgeprägt. Ein bestimmtes weibliches Gen war dagegen nur in der linken Hirnhälfte aktiv.
Allerdings fanden die Forscher auch in der linken Gehirnhälfte einige Bereiche, die stärker männlich geprägt waren als bei einem typischen Weibchen. Das lässt darauf schließen, dass auch die Sexualhormone eine Rolle bei der Zellentwicklung spielten. Zukünftigen Studien müssten daher noch klären, in wie weit Hormone oder genetische Faktoren geschlechtstypische Hirnfunktionen steuern, sagen Arnold und seine Kollegen.
ddp/bdw ? Christine Amrhein