Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Magnetfelder mit gebrochener Dimension

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Magnetfelder mit gebrochener Dimension
Zwischen Spanien und Portugal gibt es eine Grenzstreitigkeit ganz besonderer Art: In einem portugiesischen Lexikon wird die Länge der gemeinsamen Grenze mit 1214 Kilometern angegeben, während ein spanisches Lexikon darauf beharrt, die gleiche Grenze sei 987 Kilometer lang. Die Erklärung: Grenzlinien sind Fraktale, mathematische Gebilde mit gebrochener Dimension. Arthur Epstein von der Ohio State University und seine Kollegen haben jetzt in einer Computersimulation nachgewiesen, dass zukünftige winzige elektronische Bauelemente Magnetfelder mit gebrochener Dimension erzeugen können. Die Physiker stellen ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Physical Review Letters vor (Bd. 89, Nr. 20, 207201).

Wie kann es sein, dass zwei befreundete Staaten mit aller uns heute zur Verfügung stehenden Messtechnik nicht dazu in der Lage sind, sich auf die Länge ihrer gemeinsamen Grenze zu einigen? Die Antwort ist relativ einfach: Grenzen sind in der Regel keine theoretisch definierten Linien, sondern folgen natürlichen Verläufen ? im Fall von Spanien und Portugal sind das unter anderem Flüsse.

Will man die Länge der Uferlinie eines Flusses angeben, dann hängt die Antwort davon ab, welchen Maßstab man verwendet. Ein Mann, der die Länge eines bestimmten Uferabschnittes mit einen Meter langen Schritten abschreitet wird zu einem anderen Ergebnis kommen als ein Kind, das den gleichen Uferabschnitt mit einen halben Meter langen Schritten abmisst. Das Kind kann dem unregelmäßigen Uferverlauf mit den kürzeren Schritten exakter folgen, während der Mann mit seinen größeren Schritten die Unregelmäßigkeiten „wegglättet“ und deshalb eine geringere Länge ermitteln wird.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass das kleinere Land Portugal die Grenzlänge um mehr als 200 Kilometer größer angibt als Spanien. Der Maßstab der portugiesischen Karten wird in der Regel größer sein als der der spanischen Karten. Damit sind mehr Einzelheiten und Unregelmäßigkeiten des Grenzverlaufs zu erkennen und die Grenze erscheint länger.

Mathematisch nähert man sich diesem Problem, indem man den Begriff der „gebrochenen“ oder „fraktalen“ Dimension einführt. Ein berühmtes Beispiel ist die Kochsche Schneeflockenkurve, die weder die Dimension 1 einer Linie noch die Dimension 2 einer Fläche hat, sondern mit einer fraktalen Dimension von 1,26 irgendwo dazwischen liegt.

Anzeige

In ihrer Computersimulation untersuchten Epstein und seine Kollegen das magnetische Verhalten eines aus Tetraphenylporphyrin und Tetracyanoethylen bestehenden Kunststoffmaterials, das eindimensionale Polymerketten bilden kann. Bei Anlegen eines äußeren Magnetfeldes versuchen die „Spins“ der einzelnen Moleküle, sich entlang dieses Magnetfeldes auszurichten. Man kann sich diese Spins als kleine Elementarmagnete vorstellen.

Dabei bilden die Spins benachbarter Moleküle eine Gruppe mit gleicher Ausrichtung der Magnetfelder. Die Magnetfelder verschiedener Gruppen zeigen in der Regel in verschiedene Richtungen. In vielen Materialien würden die verschiedenen Gruppen solange miteinander interagieren und „in Wettstreit treten“, bis alle Magnetfelder in die gleiche Richtung zeigen. Doch „manchmal haben die Atome nicht genug Energie, um miteinander zu kämpfen. Dann zeigen die Magnetfelder der Gruppen weiterhin in alle möglichen Richtungen. Solch ein Material nennt man ‚Cluster-Glas'“, sagt Epstein. Er glaubt, dass solche Materialien zukünftig in der Elektronik eingesetzt werden.

Epsteins Gruppe konnte in ihrer Simulationsrechnung zeigen, dass die Magnetfeldlinien des untersuchten Kunststoffmaterials bei Anlegen eines äußeren Magnetfeldes und gleichzeitigem Abkühlen des Materials auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt fraktale Strukturen bilden. Bei einer Temperatur von minus 267 Grad Celsius hatte dieses Fraktal die Dimension 0,8. Bei minus 269 Grad Celsius änderte sich die fraktale Dimension zu 1,6.

Axel Tillemans
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

♦ Elec|tro|nic Pa|per  〈[ılktrnık pp(r)] n.; – – od. – –s, – –; IT〉 Sy E–Paper 1 Bildschirmoberfläche, die ähnliche Eigenschaften wie Papier u. Tintendruck aufweist … mehr

Mo|loch  〈a. [m–] m. 1〉 1 〈sinnbildl. für〉 das Unersättliche, unersättl. Macht 2 〈fig.〉 riesiges, unbeherrschbares Gebilde, das alles um sich herum zu verschlingen droht … mehr

Be|wet|te|rung  〈f. 20; unz.; Bgb.〉 Zuführung von Frischluft

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige