Schon früher war aufgefallen, dass NGC 6240 hochenergetische Röntgenstrahlung produziert. Im Radiobereich, im Infrarotlicht sowie im optischen Fenster des Spektrums hatten Astronomen innerhalb dieses Sternsystems zwei helle Kerne aufgespürt, deren Natur jedoch rätselhaft blieb. “Mit Chandra hofften wir herauszufinden, welcher der beiden Kerne – wenn überhaupt – ein Schwarzes Loch enthält”, sagt Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Erstautorin der Publikation, die demnächst in den Astrophysical Journal Letters erscheint. Der NASA-Satellit Chandra hatte NGC 6240 insgesamt 10,3 Stunden mit dem Advanced CCD Imaging Spectrometer (ACIS) überwacht.
“Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass beide Kerne aktive Schwarze Löcher beherbergen”, sagt Komossa. Die Entdeckung eines Paares Schwarzer Löcher bestätigt theoretische Modelle, nach denen solche Objekte in den Zentren von Galaxien durch Verschmelzung dramatisch anwachsen können. “Dies ist wichtig für unser Verständnis der Galaxiengeburt und -entwicklung.”
“Der Durchbruch gelang, weil Chandra ein scharfes Bild der zwei Kerne im Zentrum der Galaxie lieferte und gleichzeitig eine detaillierte Röntgendiagnose erlaubte”, sagt Günther Hasinger, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Co-Autor des Artikels. Nach Hasingers Worten hinterlassen die beiden aktiven “Massemonster” eindeutige Fingerabdrücke: “Wir sehen einen Überschuss hochenergetischer Strahlung von heißem Gas, das um ein Schwarzes Loch wirbelt, sowie die charakteristische Fluoreszenzstrahlung von Eisenatomen in seiner Nähe.”
Die beiden Schwarzen Löcher in NGC 6240 sind derzeit noch etwa 3000 Lichtjahre voneinander entfernt. Im Lauf etlicher hundert Millionen Jahre werden sie sich, auf Spiralbahnen umeinander laufend, immer näher kommen und schließlich zu einem noch größeren Loch verschmelzen. Dieser Prozess endet mit einem gewaltigen Ausbruch von Gravitationswellen, die sich durch das gesamte Universum ausbreiten und dabei die Raumzeit kräuseln. Das bewirkt winzige Verzerrungen der Abstände im Raum.
Die Verschmelzung zweier supermassereicher Schwarzer Löcher wie in NGC 6240 sollte die stärksten messbaren Gravitationswellen-Signale im All erzeugen. Der gemeinsam von der europäischen Raumfahrtbehörde ESA und der amerikanischen Nasa geplante, im Weltraum stationierte Detektor LISA (Laser Interferometer Space Antenna) wird nach solchen Ereignissen suchen, die sich vermutlich mehrere Male pro Jahr im Universum abspielen. “Zum ersten Mal haben wir nun ein doppeltes Schwarzes Loch in flagranti ertappt, das uns die Vorahnung eines gigantischen Ausbruchs von Gravitationswellen vermittelt”, freut sich Hasinger.