Ein Hirte gibt immer nur einen Teil seiner Herde zum Schlachter, um auch in Zukunft noch Hirte bleiben zu können. Diese Strategie verfolgen offenbar auch einige Krankheitserreger: Breiten sie sich zu schnell aus und lassen ihre Träger sofort erkranken, sterben die Infizierten entweder oder werden immun. Der Erreger hätte dann keine Zukunft mehr. Um das zu verhindern, schonen viele Erreger die „Herde“ ihrer Träger und ziehen die Zeit bis zum Ausbruch der Krankheit in die Länge. Das berichten britische Forscher im Magazin „Proceedings“ der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften (Online-Vorabmeldung vom 21. Oktober).
Wer sich etwa mit einem Herpesvirus ansteckt, kann lange Zeit den Erreger in sich tragen, ohne andere Menschen zu infizieren. Mit einem mathematischen Modell konnten Forscher der Universität Oxford jetzt zeigen, dass der Erreger auf diese Weise dafür sorgt, immer genügend neue Träger zu finden. Das Herpesvirus grassiert daher weiterhin, wogegen zum Beispiel die verschiedenen Erreger der grippalen Infekte nur kurze Zeit Erfolg haben: Ihre potenziellen Opfer werden schnell immun, und das Virus findet keine neuen Wirte mehr. Erst ein neues Virus mit veränderten Genen kann sich dann wieder ausbreiten.
ddp/bdw ? Andreas Wawrzinek
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