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Schrödingers Katze soll um das Milliardenfache wachsen

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Schrödingers Katze soll um das Milliardenfache wachsen
Die Physiker um Roger Penrose von der Universität Oxford wollen nicht etwa gentechnische Experimente mit Katzen durchführen. Statt dessen schlagen sie eine Versuchsanordnung vor, die ein im Jahr 1935 von Erwin Schrödinger ausgedachtes Gedankenexperiment realisieren soll, wie Science in seiner Online-Ausgabe berichtet. Mit ihrem im e-Print-Archiv arXiv.org (quant-ph/0210001) beschriebenen Experiment wollen die Forscher einen kleinen Spiegel in einen paradoxen quantenmechanischen Zustand versetzen: Der Spiegel soll sich bewegen und nicht bewegen ? und zwar beides gleichzeitig.

Damit ist ihr Experiment weitaus weniger makaber als der ursprüngliche Vorschlag von Schrödinger. Um eine paradox erscheinende Eigenschaft der Quantenmechanik anschaulich zu machen, hatte der österreichische Physiker ein Experiment ersonnen, in dessen Verlauf eine Katze in einen Zustand versetzt werden sollte, in dem sie gleichzeitig tot und lebendig ist.

Mikroskopisch kleine physikalische Teilchen, die den Gesetzen der Quantenmechanik gehorchen, können sich in solch kuriosen „Schwebezuständen“ ? korrekter: Superpositionszuständen ? befinden. Beispielsweise kann sich ein radioaktives Atom, das innerhalb einer gewissen Zeitspanne mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zerfällt, in einem Schwebezustand befinden, in dem es zugleich zerfallen und nicht zerfallen ist. Erst wenn der Zustand des Atoms gemessen oder „beobachtet“ wird, zwingt die Messung das Atom dazu, sich für einen der beiden Zustände zu entscheiden.

Erwin Schrödinger ging nun in Gedanken einen Schritt weiter: Würde man mit dem Zerfall des Atoms einen Hammer auslösen, der ein Fläschchen mit Giftgas zerschlägt und würde man diese Einrichtung zusammen mit einer Katze in eine Kiste stecken, dann müsste sich diese Katze solange in einem Schwebezustand aus Leben und Tod befinden, bis jemand die Kiste öffnet und die makabre Szene beobachtet.

Die Physik geht heute davon aus, dass nicht nur die Beobachtung oder Messung eines solchen Schwebezustandes seinen “ Kollaps“ verursacht und eine Entscheidung für eine der Alternativen erzwingt, sondern dass dieser Kollaps bereits durch jede Wechselwirkung mit der Umgebung verursacht wird. Diese „Dekohärenz“ ist der Grund, weswegen noch niemand eine Katze oder irgendein anderes makroskopisches Objekt in solch einem Schwebezustand beobachtet hat. Die Wechselwirkungsmöglichkeiten mit der Umgebung sind bei makroskopischen Objekten einfach zu vielfältig.

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Doch bereits im vorigen Jahr war es Anton Zeilinger von der Universität Wien gelungen, bei aus immerhin 70 Atomen bestehenden C-70-Molekülen ein von Schwebezuständen verursachtes quantenmechanisches Verhalten nachzuweisen ( bdw berichtete). Das jetzt von Penrose und seinen Kollegen vorgeschlagene Experiment würde Zeilingers Ergebnis um das Milliardenfache toppen.

Die Forscher wollen ein Photon durch einen Strahlteiler schicken. Dieser würde das Photon in einen Schwebezustand versetzen, der aus zwei alternativen Wegen besteht. Auf einem dieser beiden Wege würde das Photon auf einen kleinen, jedoch aus etwa 100 Milliarden Atomen bestehenden Spiegel treffen und diesen aufgrund seines Impulses um eine kleine Strecke bewegen. Die Physiker rechnen vor, dass der Spiegel unter bestimmten experimentellen Bedingungen, die sie für technisch realisierbar halten, ebenfalls in einen Schwebezustand gerät, in dem der Spiegel sich gleichzeitig bewegt und nicht bewegt. Den Nachweis würde man mit einem in das Experiment eingebundenen Interferometer führen.

„Wenn das klappt, hat man den Gültigkeitsbereich der Quantenmechanik um das Milliardenfache ausgedehnt.“ So kommentiert Max Tegmark von der Universität von Pennsylvania die Idee seiner Kollegen. „Das ist fast die Größe einer Zelle. Wenn die Quantenmechanik bis dahin gültig ist, dann gilt sie wahrscheinlich auch für Mäuse und Menschen.“ ? und Katzen.

Axel Tillemans
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