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Quantenkryptographie über bislang größte Distanz

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Quantenkryptographie über bislang größte Distanz
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Die beiden Prototypen des "Quantenkryptografen". Foto: id Quantique, Genf
Seit einigen Jahren arbeiten Physiker daran, unter Ausnutzung der Gesetze der Quantenmechanik nicht zu knackende Geheimcodes zu übertragen. Bisher war dies nur im Labor gelungen. Physiker der Universität Genf und der Schweizer Firma id Quantique haben jetzt solche Nachrichten über gewöhnliche Glasfaserkabel der Telefongesellschaft Swisscom zwischen Genf und Lausanne übertragen, wie das Institute of Physics meldet. Hugo Zbinden und seine Kollegen präsentieren ihre Arbeit im Fachjournal New Journal of Physics (Bd. 4, S. 41).

Bei dieser so genannten Quantenkryptografie macht man sich eine Eigenart der Quantenmechanik zunutze, die in unserer Alltagswelt keine Parallele hat: Sobald man ein quantenmechanisches System beobachtet oder eine Messung an ihm vornimmt, verändert man dieses System schlagartig.

In der Praxis benutzt man zur Nachrichtenübertragung polarisierte Photonen. Die Polarisation eines Photons ist die Lage der Schwingungsebene seines elektrischen Feldes. Die Absenderin der Nachricht ? traditionell Alice genannt ? erzeugt Photonen mit bestimmten Polarisationseigenschaften. Diese Photonen schickt sie dem Empfänger ? Bob. Bob muss sich bei jedem Photon von neuem entscheiden, welche von mehreren Polarisationseigenschaften er misst. Denn er kann nicht alle Eigenschaften eines Photons messen. Nach seiner ersten Messung verändern sich die anderen Eigenschaften.

Bisher ist allerdings noch keine Nachricht übertragen worden. Alice und Bob müssen sich noch darüber verständigen ? beispielsweise per Telefon, welche Eigenschaft Bob jeweils gemessen hat. Hat Bob die „richtige“ Eigenschaft gemessen, nämlich die, von der Alice aufgrund ihrer Wahl der Polarisationseigenschaften des jeweiligen Photons Kenntnis hat, dann ist zwischen Alice und Bob eine Informationseinheit übertragen worden ? je nach gemessener Polarisation entweder eine Null oder eine Eins. Es versteht sich von selbst, dass Alice und Bob das Ergebnis der Messung nicht per Telefon ausplaudern dürfen. Die Messergebnisse der Photonen, bei denen Bob die „falsche“ Eigenschaft gemessen hat, werden verworfen.

Wegen dieses Verfahrens, bei dem man sich erst nachträglich darüber einigen kann, welche Photonen verwertbar sind, übermittelt man mit der Quantenkryptografie nicht die eigentliche Geheimnachricht, sondern nur den Code, mit dem man dann spätere Nachrichten verschlüsselt.

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Der Clou dabei ist: Während man einem Blatt Papier oder einer Diskette mit einem Geheimcode nicht ansieht, ob jemand den Inhalt kopiert oder gelesen hat, kann kein Spion Kenntnis vom Inhalt der Photonen bekommen, ohne dass Alice und Bob das merken. Beobachtet ein Spion ein Photon, so kann er selbst ? genau wie Bob ? nur eine von mehreren Eigenschaften des Photons messen. Versucht er nun, ein identisches Photon an Bob weiter zu schicken, so kann er diesem nur die Eigenschaften mitgeben, die er selber gerade gemessen hat. Durch telefonische Stichprobenvergleiche ihrer Messergebnisse, die dann aber nicht mehr als Bestandteil des Codes verwendet werden dürfen, können Alice und Bob den Abhörversuch feststellen.

Mit ihrer Übertragung haben die Schweizer Physiker für die Quantenkryptografie den neuen Entfernungsrekord von 67 Kilometern aufgestellt. Die Entfernung ist ein kritischer Punkt, weil die Photonen nicht verstärkt werden können. Verstärker haben den gleichen Effekt wie ein Spion: Sie verändern die Polarisationseigenschaften. Würde man statt dessen die Lichtpulse von Anfang an so stark auslegen, dass sie größere Entfernungen überwinden, dann bestünden sie nicht mehr aus einzelnen, sondern aus mehreren identischen Photonen. In dem Fall könnte ein Spion unbemerkt eines dieser Photonen abzweigen.

Axel Tillemans
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