Die Bildung des Adernsystems von Pflanzenblättern gehorcht allgemeinen mechanischen Gesetzen und ist damit nicht artspezifisch. Zu diesem Schluss kam ein französisches Forscherteam des Laboratoire de Physique Statistique (Laboratorium für Statistische Physik) nach der Untersuchung der Winkel, die an Knoten in Blattadernsystemen auftreten. Darüber berichtet das Fachblatt Physical Review E in seiner Juniausgabe.
Die Wissenschaftler um Steffen Bohn entschlüsselten in ihrer Studie die hinter der Ausbildung des Blattadernsystems stehenden physikalischen Prinzipien. Zu ihrer Überraschung gleichen sich die Adernnetzwerke einer Vielzahl unterschiedlicher Pflanzenarten im Hinblick auf die bei Knotenpunkten zwischen drei Adern auftretenden Winkel: Ein Knoten, bei dem drei gleichgroße Adern aufeinandertreffen, zeichnet sich beispielsweise durch 120 Grad Winkel zwischen den Adern aus. Trifft eine Ader kleineren Durchmessers an einem Knoten auf eine Ader größeren Durchmessers, so bildet sich jedoch stets ein 90 Grad Winkel aus.
Obwohl verschiedene Pflanzenarten oftmals stark unterschiedliche Blattformen aufweisen, scheint die Bildung der Blattadernsysteme allgemeineren Prinzipien zu gehorchen ? einer „Blattmechanik“. Die Winkelverteilung gleicht interessanterweise den Winkeln, die in Netzwerken aus Seilen mit verschiedenen Durchmessern auftreten. Die von einigen Botanikern vertretene These, dass sich die Blattadern zur Klassifikation von Pflanzenfamilien benutzen lassen, muss demnach wohl in Frage gestellt werden.
Stefan Maier
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