Über 45 Millionen Jahre überlebte in einsamen Regionen Namibias eine bisher unbekannte Gruppe von Raubinsekten. “Gladiator” tauften deutsche Forscher die lebenden Vertreter dieser neuen Insektenordnung, die wie eine Mischung aus Stabheuschrecke und Gottesanbeterin aussehen und an die Zirkus-Kämpfer im antiken Rom erinnerten. Über die Entdeckungsgeschichte von fossilen Funden in Jahrmillionen altem Bernstein bis zur erfolgreichen Expedition zum Brandberg in Namibia im vergangenen März berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Science (Vol. 296 No. 5567).
“Dieser Fund ist vergleichbar mit der Entdeckung eines lebenden Mastodons oder Säbelzahntigers”, sagt Piotr Naskrecki, Direktor in der Artenschutz-Organisation “Conservation International”. Bereits im letzten Jahr erregte ein in baltischem Bernstein eingeschlossenes fossiles Insekt aus der Sammlung des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Hamburg das Interesse von Oliver Zompro, Doktorand am
Max-Planck-Institut für Limnologie in Plön. Nach aufwändigen Vergleichen passte es zu keiner bisher bekannten Insektenordnung. Damit war der erste Schritt zur Ordnung der
Mantophasmatodea getan, der ersten seit rund 87 Jahren.
Nach zahlreichen Anfragen an andere Insektenforscher weltweit erhielt Zompro neben weiteren fossilen Funden verwandter Arten auch zwei ähnliche Exemplare, die bereits 1950 in Tansania, sowie 1990 und 2001 in Namibia gefunden worden sein sollen. Dadurch bekamen die Insektenforscher die Idee, nach lebenden Exemplaren dieses Vertreter aus der Frühgeschichte der Erde zu suchen. Mit Erfolg. So leben heute einige Gladiatoren in den Klimakammern des Plöner Instituts.
“Diese Kreaturen sind einige der letzten Zeugen aus jener Zeit, als Afrika und Amerika noch eine gemeinsame Landmasse bildeten”, heißt es weiter in “Science”. Nun stehen die Plöner Wissenschaftler vor dem Problem, den “Gladiator” in den weit verzweigten Stammbaum der Insekten einzuordnen. Dabei helfen ihnen Erbgut-Untersuchungen der Raubinsekten, die britische Forscher nun durchführen.
Jan Oliver Löfken