Die rätselhafte dunkle Materie durchzieht den Kosmos wie ein Netz. In den Knoten dieses Netzes sammelt sich die sichtbare Materie, bestehend aus Sternen und Galaxien. Dieses Bild vom Universum zeichneten Andrew Taylor von der University of Edinburgh und Kollegen gestern auf der Tagung der Royal Astronomical Society in Bristol.
Die Forscher untersuchten eine der größten Strukturen des Universums, den
Galaxienhaufen Abell 901/2 mit Hilfe von Gravitationslinsen. Der „Supercluster“ nimmt am Himmel eine Fläche so groß wie der Vollmond ein und misst etwa 10 Millionen Lichtjahre im Durchmesser. Der Haufen besteht aus den Galaxiengruppen Abell 901a, Abell 901b und Abell 902. Für ihre Studie, die sie auch im Astrophysical Journal (Bd. 568, S. 141) vorstellten, untersuchten die Forscher 50.000 Galaxien, deren Licht durch dazwischen liegende Sterne umgeleitet und verstärkt wurde.
Als Ergebnis erhielten Taylor und Kollegen eine Verteilung der dunklen Materie. Sie stellten fest, dass sich diese mysteriöse Form der Materie, aus der mindestens 80 Prozent der kosmischen Materie besteht und die nur durch ihre Schwerkraft erkennbar ist, an manchen Stellen zusammenklumpt. Dort häuft sich auch die sichtbare Materie. Die Klumpen werden durch feine Fäden dunkler Materie miteinander verbunden. Sie zieht sich also wie ein Netz durch das gesamte Weltall, schließen die Forscher, die damit eine alte Vermutung bestätigen.
„Wir hoffen natürlich, dass es irgendwann gelingt, ein Teilchen der dunklen Materie im Labor nachzuweisen“, so Taylor, „damit ihre wahre Natur und ihr Platz in der Physik enthüllt werden.“ Er und seine Kollegen arbeiten jetzt daran, das „kosmische Netz“ dreidimensional darzustellen.
Ute Kehse