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Der moderne Mensch nimmt Außenwelt immer noch wie in der Steinzeit wahr

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Der moderne Mensch nimmt Außenwelt immer noch wie in der Steinzeit wahr
In unserem Alltag müssen wir nicht mehr erwarten, dass das Knacken eines Astes einen Bären ankündigt, der durch das Gebüsch streift. Dennoch funktioniert unser Gehirn bei der Wahrnehmung von Vorkommnissen in der Außenwelt wie etwa Knacken, Knallen, Sprühen, Rollen, Springen, Fallen noch genauso wie vor 20.000 Jahren. Das heißt, das menschliche Gehirn nimmt ein Geschehensmuster auf, deutet es und reagiert darauf. Doch in der heutigen technisierten Welt sind solche Reaktionen des Gehirns nicht mehr unbedingt zeitgemäß, weil die Ereignisse oft nicht mehr zu natürlichen Ursache-Wirkung-Verhältnissen gehören. Daher können die Deutungen der Ereignismuster zu absurdem oder irrationalem Verhalten führen.

Dazu gehören solche Annahmen wie die, dass es garantiert regnen werde, wenn man gerade sein Auto gewaschen habe. Oder dass beim Fall zweier Würfel sich eine Sieben ergeben müsse, wenn sie nach mehreren Würfen nicht gefallen ist. Zu diesen Erkenntnissen sind Wissenschaftler des Duke University Medical Center in Durham aufgrund einer Studie gekommen, die sie in “Nature Neuroscience” veröffentlicht haben.

Das Experiment, das Scott Huettel, Beau Mack und Gregory McCarthy, mit ihren Versuchspersonen durchführten, war bewusst einfach gehalten: Die Versuchspersonen saßen vor einem Bildschirm und sollten mit der linken Hand einen Knopf drücken, wenn sie einen Kreis auf dem Monitor sahen, und mit der rechten Hand einen Knopf drücken, wenn sie ein Quadrat sahen. Unterdessen beobachteten die Forscher mit Hilfe des funktionalen Magnetresonanzbildgebungsverfahrens (fMRI) die Gehirnaktivität des präfrontalen Cortex, der eine wichtige Rolle für das so genannte “Arbeitsgedächtnis” spielt.

“Beim Analysieren der Gehirnaktivität während der Reaktionen der Versuchspersonen nutzten wir den Umstand, dass wenn man eine große Zahl von zufälligen Ereignissen präsentiert, sich dann die Ereignisse immer mal wieder zu Mustern ordnen, etwa eine Serie von Kreisen oder eine Serie von sich abwechselnden Kreisen und Quadraten”, erklärt Scott Huettel.

“Wir konzentrierten uns darauf, herauszufinden, ob die Gehirnaktivität im präfrontalen Cortex sich änderte, wenn diese gelegentlich sich ergebenden Muster zerstört wurden, also wenn nach einer Reihe von Kreisen plötzlich ein Quadrat auftauchte, oder wenn ein Muster aus sich abwechselnden Kreisen und Quadraten plötzlich abbrach. Obwohl unsere Versuchspersonen wussten, dass sie nach dem Zufallsprinzip entstehende Reihen sahen und sich bewusst auch gar nicht auf Muster einstellten, reagierten ihre Gehirne, wenn die Muster zerstört wurden. Das bedeutet: Das Gehirn kann gar nicht anders als Ausschau nach Mustern halten.”

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Diese Fähigkeit des Gehirns sei vor vielen zehntausend Jahren entstanden, so die Forscher, und sei in grauer Vorzeit auch wirklich sinnvoll gewesen. “In einer natürlichen Umgebung sind fast alle Muster vorhersagbar, da die Welt physikalischen Gesetzen gehorcht,” erläutert Huettel. “Wenn man zum Beispiel ein Krachen hinter sich hört, ist es nichts Künstliches. Es bedeutet, dass ein Ast herunterfällt und dass man zur Seite springen muss. Darum entwickelten wir uns dahin, Ausschau nach solchen Mustern zu halten, eine Fähigkeit, die in natürlicher Umgebung sehr wichtig ist, weil dort Muster etwas bedeuten.”

In der heutigen technisierten Welt, in der solche natürlichen Kausalbeziehungen kaum noch vorkämen, führe diese Fähigkeiten zu manchmal absurden Annahmen oder Verhaltensweisen. Der vermeintliche Zusammenhang zwischen Autowaschen und Regen oder rational betrachtet unsinnige Annahmen beim Würfeln sind Beispiele dafür.

Doris Marszk
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