Mit jeder Zellteilung werden die Chromosomen einer Zelle kürzer, weil von deren Enden, den Telomeren, jeweils ein Stück verloren geht. Bisher glaubte man, dass diese fortschreitende Verkürzung wie eine molekulare Uhr die Lebensdauer einer Zelle bestimmt. Jetzt berichten Wissenschaftler der Rockefeller University in New York im Fachblatt Science (Bd. 295, S. 2446), dass erst der Mangel eines Proteins, das verkürzte Chromosomenenden schützt, den Alterungsprozess der Zelle einleitet.
Die meisten Körperzellen haben eine begrenzte Lebensdauer. Irgendwann werden die Teilungen eingestellt, die Zelle altert und stirbt. Wodurch dieser Alterungsprozess ausgelöst wird, ist noch nicht bekannt. Die mit der Zeit abnehmende Länge der Telomeren spielt dabei eine wichtige Rolle. Deren Enden sind durch eine Art Kappe aus DNA-Schleifen geschützt, die einen Abbau bei den Zellteilungen verhindert. Titia de Lange und ihre Mitarbeiter untersuchten, wie das Protein TRF2, das an Telomere bindet, die Lebensdauer menschlicher Zellen beeinflusst.
Sie stellten fest, dass die Zellen länger teilungsfähig blieben, wenn das Protein im Überschuss produziert wurde. Offenbar schützte TRF2 die Telomere vor dem weiteren Abbau, auch wenn sie bereits eine kritische Länge erreicht hatten. Das verzögerte das Altern der Zelle. „Vielleicht können die kurzen Telomere in alten Zellen keine schützenden Schleifen mehr bilden und lösen dadurch den Alterungsprozess aus“, sagt Jan Karlseder, ein Mitglied des Teams. Die Wissenschaftler vermuten, dass TRF2 die Lebensspanne einer Zelle dadurch verlängert, dass es die Ausbildung dieser DNA-Strukturen begünstigt.
Die Aufklärung dieses Regulationsmechanismus könnte dabei helfen, dem unbegrenzten Wachstum von Krebszellen Einhalt zu gebieten. „Alter und Krebs sind zwei Seiten derselben Medaille“, sagt Karlseder. Das Ziel sei, die eine Seite zu beeinflussen, ohne nachteilige Auswirkungen der anderen Seite in Kauf nehmen zu müssen.
Joachim Czichos