Michael Schatz und seine Kollegen vom Georgia Institute of Technology rekonstruierten die Uhr anhand von Originalaufzeichnungen und studierten mit mathematischen Modellen, die auf nichtlinearer Dynamik und Chaostheorie beruhen, die Bedingungen, die zur Pendel-Synchronisation führen. Die Arbeit der Wissenschaftler ist in den Proceedings of the Royal Society erschienen.
Die Entwicklung der Doppeluhr hatte für Huygens rein praktische Gründe: Sollte eine der Uhren auf hoher See stehen bleiben, so würde die andere weiter die Zeit messen. Die beiden mit Federn angetriebenen Pendel waren an einer hölzernen Plattform angebracht, die sich auf Rollen entlang einer Schiene frei bewegen konnte. Damit die Uhr bei starkem Seegang nicht umkippte, stabilisierte sie Huygens mit zwei insgesamt etwa vierzig Kilogramm schweren Bleigewichten.
Mit Lasern beobachteten die Wissenschaftler die Schwingungen der Pendel an ihren Nachbau und analysierten ihre Daten im Computer. Ihre Berechnungen zeigen, dass Huygens mit seiner Uhr einen Sonderfall geschaffen hat, da die Bedingungen zur Kopplung und damit zur Synchronisation der Pendel ideal sind: Die Masse eines Pendels steht in einem ganz bestimmten Verhältnis zur Gesamtmasse der Uhren. Jedes der beiden schwingenden Pendel gibt an die Aufhängung Energie ab, und ein Teil dieser Energie wird auf das andere Pendel übertragen.
Bei einem leichteren Aufbau wäre die Kopplung zwischen den Pendeln zu stark und mindestens eines der beiden Pendel würde aufhören zu schwingen. Im Fall eines schwereren Aufbaus wäre die Kopplung zu schwach und es würden Unterschiede in den Schwingungsdauern auftreten, die eine Synchronisation unterbinden. Denn damit es zur Synchronisation der Pendel kommt, müssen die Schwingungsdauern der Pendel nahezu gleich groß sein.
Die Doppelpendeluhr ist ein Beispiel für die spontane Synchronisation, die zum Beispiel in Zellen bei der Epilepsie oder im Sonnensystem auftritt. „Heute ist die Synchronisation ein sehr wichtiges Thema“, so Schatz, „da viele technologische und biologische Prozesse von ihr abhängen.“ Das Modell, mit dem Huygens‘ Uhrenphänomen nun gelöst wurde, könnte aber auch auf andere aktuelle Probleme angewendet werden. Denn wenn man versteht, wie und wann Synchronisation auftritt und welche Formen sie annimmt, kann man, so Schatz, auch leistungsstärkere Laser bauen.