Der Meeresspiegel weltweit wird im kommenden Jahrhundert deutlich stärker ansteigen als bislang befürchtet, berichten US-Forscher. Denn bei den bisherigen Vorhersagen sei das Abschmelzen der Gletscher und polaren Eiskappen unterschätzt worden. Beziehe man aktuelle Abschmelzraten in die Berechnung mit ein, so ergäben sich mindestens 20 Zentimeter mehr Wasserhöhe als bislang befürchtet. Das „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPPC) hatte 2001 geschätzt, dass Veränderungen wie die Erwärmung der Meere den Meeresspiegel um rund zehn bis vierzig Zentimetern ansteigen lassen werden. Bereits diese Zahlen lösten in niedrig liegenden Staaten große Befürchtungen aus.
Diese Schätzungen mögen niedrig scheinen, doch ein Anstieg um rund 30 Zentimeter hat typischerweise einen Rückzug des Ufers um 30 Meter oder mehr zur Folge, was beträchtliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen hätte, so Mark Meier, Geologie-Professor Emeritus der
University of Colorado. Einige große Küstenstädte auch in Industriestaaten liegen derzeit kaum über dem Meeresspiegel, Inselstaaten wie die Seychellen liegen rund einen Meter über der kompletten Überflutung.
Meier und UC-Kollege Mark Dyurgerov hatten neue Daten zum globalen Eisverlust erhoben: „Einige Gletscher rund um die Welt sind heute kleiner, als sie es in den letzten Tausenden von Jahren gewesen sind. Die Rate des Abschmelzens hat sich seit 1988 mehr als verdoppelt“. Grund dafür sei eine Veränderung sowohl bei der Temperatur als auch beim typischen Niederschlag. Neue Zahlen der University of Alaska zeigten auch, dass riesige Gletscher an der Westküste Alaskas und Nordkanadas schnell abschmelzen. Der IPPC habe diese Fakten vermutlich unterschätzt, so Meier, weil bisher wenig Daten über die großen maritimen Gletscher in Alaska vorhanden war. Doch diese Region trage am stärksten zum Meeresspiegel-Anstieg bei.
Dörte Sasse