Die meisten Arten Fleisch fressender Kannenpflanzen locken mit ihrem Nektar Ameisen, Käfer und Fliegen an und verdauen wahllos alles, was in ihren Fangorganen landet. Jetzt haben Wissenschaftler der Universität Frankfurt eine Kannenpflanze entdeckt, die mithilfe eines Köders ganz gezielt bestimmte Termitenarten in ihre Falle lockt. Die ungewöhnliche und höchst effiziente Strategie der wählerischen Pflanze beschreiben Marlies Merbach und ihre Mitarbeiter im Fachblatt Nature (Bd. 415, S. 36).
Die auf Borneo beheimatete
Kannenpflanze namens
Nepenthes albomarginata unterscheidet sich von anderen Arten ihrer Gattung durch einen Kranz weißer, haariger Fortsätze, so gennate Trichome, in der Nähe der Kannenöffnung. Werden diese Strukturen von bestimmten Termitenarten entdeckt, strömen bald große Kolonnen, die aus mehreren tausend Tieren bestehen, zu dieser offenbar sehr begehrten Futterquelle. Bei dem Gedränge geraten viele auf den glitschigen Kannenrand und stürzen in den mit tödlichen Verdauungssäften gefüllten Behälter.
22 Termiten pro Minute erbeutet die räuberische Pflanze auf diese Weise, wie die Forscher beobachteten. Ist die Futterstelle vollständig abgegrast, ziehen die Termiten ab ? durchschnittlich tausend Insekten bleiben in der Kanne zurück. “Wir wissen nicht, wie die Trichome die Termiten anlocken”, schreiben die Autoren. Möglicherweise stoßen die Tiere bei der Nahrungssuche zufällig darauf. Geruchsstoffe wurden bisher nicht nachgewiesen.
Die hier beschriebene Spezialisierung auf eine Beute, sowie der Einsatz eines Köders in Form von eigenem Gewebe ist nach Angaben der Wissenschaftler noch bei keiner anderen Fleisch fressenden Pflanze beschrieben worden.
Joachim Czichos