Die Tatsache, dass Menschen andere Menschen nach ihrer Rassenzugehörigkeit einordnen, ist wahrscheinlich ein Nebenprodukt der Gesellschaftsordnung und keine unvermeidliche Folge der Evolution. Das berichten Robert Kurzban und Kollegen von der University of California in Santa Barbara im Journal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (Bd. 98, S. 15387 – 15392).
Anders als Geschlecht und Alter gehört die Ethnie nicht zu den evolutionsbedingten Kategorien, nach denen Menschen sich automatisch gegenseitig einordnen, um nützliche Schlüsse über einander ziehen zu können. Menschen benutzen die Rasse zusammen mit Eigenschaften wie Kleidung oder Dialekt, um fremde Personen in Gegner und Verbündete zu unterteilen. Da solche Allianzen und Koalitionen nicht fest, sondern vergänglich sind, kann die Wahrnehmung der Rassenzugehörigkeit durch andere Kriterien überschrieben werden, postulieren Kurzban und Kollegen. In einem Experiment zeigen sie tatsächlich, dass die Hautfarbe in gemischten Gruppen eine untergeordnete Rolle spielt, sobald die Gruppenzugehörigkeit etwa durch die Kleidung betont wird.
„Unsere Versuchsteilnehmer hatten ihr Leben lang die Erfahrung gemacht, dass ethnische Zugehörigkeit und Rasse soziale Allianzen und Verbindungen von Menschen zuverlässig vorhersagen“, schreiben die Forscher. „Allerdings reichten schon vier Minuten in einer alternativen Welt, in der die Rassenzugehörigkeit keine Rolle im Bündnissystem spielte, aus, um das Ausmaß, nach dem sie andere nach ihrer Rasse kategorisierten, drastisch zu verringern.“
Ute Kehse