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Salzfresser retten Mauerwerk

Technik|Digitales

Salzfresser retten Mauerwerk
Salzfressende Bakterien können alte Mauern retten. Das fanden Wissenschaftler der Hochschule Wismar – unter anderem von der Universität Hamburg unterstützt – in einem einjährigen Forschungsprojekt heraus. Labortests beweisen: Spezielle Mikroorganismen verbannen Salz und Feuchtigkeit dauerhaft aus Gebäuden, ohne diese dabei zu beschädigen.

Muffiger Geruch in alten Gewölben – das muss nicht sein. Zumal die Nässe auf Dauer schädlich fürs Mauerwerk sei, erklärt Prof. Helmuth Venzmer, Bauphysiker an der Hochschule und Direktor des Wismarer „Dahlberg-Instituts für Diagnostik und Instandsetzung historischer Bausubstanz“. Venzmers Forschungsgruppe kam jetzt den Quellen der feuchten Ziegel auf die Spur: Salz steckt dahinter, das sich durch Verdunstung von Wasser an der Oberfläche der Gebäude mit der Zeit in hoher Konzentration ansammelt. Die Nitrate wiederum binden Feuchtigkeit aus der Luft – so wie es im Salzstreuer passiert – und halten damit die Mauern ständig nass.

Bei einer Sanierung der Gebäude müssen also erst „Salzfresser“ ans Werk, bevor die Mauern dauerhaft trocken gelegt werden können, wie Venzmer erklärt. Das von ihm geleitete Wissenschaftlerteam, unterstützt vom Deutschen Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege (Fulda/Hessen), der Universität Hamburg, einem Textilforschungsbetrieb in Rudolstadt (Thüringen) sowie der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück), präsentierte nun eine biologische Variante der Mauerwerksentsalzung.

Dabei werden Stoffbahnen angefeuchtet und mit einer speziellen Art anaerober Bakterien „geimpft“. Mit den derart präparierten Textilien werden die „versalzenen“ Mauern oder Säulen verhüllt, eine Art Bio- Kompressen zur „Heilung“ des steinernen Patienten. Nun gehen die Bakterien ans Werk. Einige Wochen benötigen sie, um das Salz aus dem Stein zu „naschen“, wobei die Nitrate erst in Nitrit und schließlich in Stickstoff umgewandelt werden. Dieser entweicht als Gas, übrig bleibt das entsalzte Mauerwerk und absterbende Bakterien, die nun keine Nahrungsgrundlage mehr haben.

Vor allem den Denkmalschützern gefällt diese biologische Methode, da sie im Gegensatz zur chemischen Keule oder gar der Abrissbirne, die im Notfall droht, das Gemäuer unbeschadet erhält. „Mit dieser Methode kann die Mauerwerksoberfläche tatsächlich gerettet werden“, meint Ewa Prync-Pommerencke, Abteilungsleiterin für praktische Denkmalpflege beim Landesamt in Schwerin. „Wenn allerdings Putz oder Farbe die Mauern bedecken, sind die nassen Kompressen nur bedingt einsetzbar.“

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Vom Januar 2002 an will sich eine Biologin in ihrer Doktorarbeit in Wismar und Rostock intensiver mit der Methode befassen, wie Venzmer ankündigt. Parallel dazu würden die Projektpartner die Idee technisch ausfeilen, um sie letztlich in die Praxis überführen zu können. Bereits jetzt hätten Baufirmen aus Norddeutschland ihr Interesse an einer Mitarbeit angemeldet.

Erhebungen der Wissenschaftler zufolge ist in Deutschland jedes zweite historische Bauwerk, das saniert werden muss, von Feuchtigkeit und auch Salzkonzentrationen in der Oberfläche befallen. In Wismar betrifft dies beispielsweise den Rathauskeller mit seinem wertvollen Fresko.

dpa
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