Bei einer Sanierung der Gebäude müssen also erst „Salzfresser“ ans Werk, bevor die Mauern dauerhaft trocken gelegt werden können, wie Venzmer erklärt. Das von ihm geleitete Wissenschaftlerteam, unterstützt vom Deutschen Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege (Fulda/Hessen), der Universität Hamburg, einem Textilforschungsbetrieb in Rudolstadt (Thüringen) sowie der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück), präsentierte nun eine biologische Variante der Mauerwerksentsalzung.
Dabei werden Stoffbahnen angefeuchtet und mit einer speziellen Art anaerober Bakterien „geimpft“. Mit den derart präparierten Textilien werden die „versalzenen“ Mauern oder Säulen verhüllt, eine Art Bio- Kompressen zur „Heilung“ des steinernen Patienten. Nun gehen die Bakterien ans Werk. Einige Wochen benötigen sie, um das Salz aus dem Stein zu „naschen“, wobei die Nitrate erst in Nitrit und schließlich in Stickstoff umgewandelt werden. Dieser entweicht als Gas, übrig bleibt das entsalzte Mauerwerk und absterbende Bakterien, die nun keine Nahrungsgrundlage mehr haben.
Vor allem den Denkmalschützern gefällt diese biologische Methode, da sie im Gegensatz zur chemischen Keule oder gar der Abrissbirne, die im Notfall droht, das Gemäuer unbeschadet erhält. „Mit dieser Methode kann die Mauerwerksoberfläche tatsächlich gerettet werden“, meint Ewa Prync-Pommerencke, Abteilungsleiterin für praktische Denkmalpflege beim Landesamt in Schwerin. „Wenn allerdings Putz oder Farbe die Mauern bedecken, sind die nassen Kompressen nur bedingt einsetzbar.“
Vom Januar 2002 an will sich eine Biologin in ihrer Doktorarbeit in Wismar und Rostock intensiver mit der Methode befassen, wie Venzmer ankündigt. Parallel dazu würden die Projektpartner die Idee technisch ausfeilen, um sie letztlich in die Praxis überführen zu können. Bereits jetzt hätten Baufirmen aus Norddeutschland ihr Interesse an einer Mitarbeit angemeldet.
Erhebungen der Wissenschaftler zufolge ist in Deutschland jedes zweite historische Bauwerk, das saniert werden muss, von Feuchtigkeit und auch Salzkonzentrationen in der Oberfläche befallen. In Wismar betrifft dies beispielsweise den Rathauskeller mit seinem wertvollen Fresko.