Über die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen in Deutschland sollte nach Ansicht des Bonner Forschers Oliver Brüstle bis spätestens 1. Februar Klarheit bestehen. Brüstle bedauerte am Freitag die erneute Verschiebung seines Förderantrags durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und sprach vor Journalisten in Bonn von einem hoffentlich letzten Aufschub. Sollte die Entscheidung noch weiter aufgeschoben werden, bestehe Gefahr, dass Deutschland international überholt werde, sagte er. Für ihn sei nicht vorstellbar, dass sich Deutschland dieser Technologie verschließen werde.
Der DFG-Hauptausschuss hatte sein Votum am Freitag mehrheitlich auf Bitten aus dem Parlament und von Politikern verschoben. Durch diese nunmehr dritte Vertagung soll dem Bundestag, der am 30. Januar abschließend beraten will, Zeit zur Debatte gelassen werden. Die DFG will sich nun am 31. Januar mit dem Antrag befassen, der den Import von embryonalen Stammzellen zum Inhalt hat. Brüstle will aus diesen Zellen Gewebe für erkrankte Gehirne züchten. Die Bundestags-Enquetekommission hatte sich mehrheitlich gegen den Import ausgesprochen. Der Ethikrat dagegen befürwortete das Vorhaben unter strengen Auflagen.
Die Verschiebung sei umso bedauerlicher, als kurz hintereinander weltweit drei Arbeiten zur Reparatur von Nervensystemen erschienen seien, sagte Brüstle. „Wir sind bislang nicht in der Lage, an diesen Zellen zu arbeiten.“ Nun müsse die Politik in die Gänge kommen. Der Forscher sagte, er sehe, dass der Prozess Zeit brauche. Zugleich sehe er aber auch, dass keine neuen Argumente mehr auftauchten.
Eine breite öffentliche Debatte hält der Arzt für notwendig. Sie habe bisher gezeigt, dass es zu dem Thema kein einstimmiges Votum gebe, sagte er. Dies erwarte er auch nicht vom Bundestag. Erneut sprach sich der Wissenschaftler für eine öffentliche Förderung sowie eine strenge Kontrolle der Stammzell-Forschung aus. Es müsse eine zentrale Institution geben, die den Import und die Arbeit mit embryonalen Stammzellen kontrolliere, betonte er. Er hoffe nicht, dass es nach einem Votum noch Monate dauere, eine solche Institution einzurichten.
dpa