Wo das Gehirn Sinneseindrücke verarbeitet, hängt nicht nur von der Art der Empfindung ab. Auch der Werdegang bestimmt, welche Hirnteile beteiligt sind. Das konnten Forscher der amerikanischen Vanderbilt-Universität in Nashville belegen.
Ein Forscherteam um den Psychologen Ford Ebner hat mit Hilfe eines Tomographen untersucht, wo im Gehirn Blinde die Schrift Braille entziffern. Unter den Versuchspersonen war jeder zweite von Geburt an blind, während die anderen erst später erblindet waren. Die Forscher fanden, dass beide Gruppen beim Lesen mit dem Tastsinn auch Hirnareale nutzen, die normalerweise für das Sehen reserviert sind. Die jeweiligen Zentren mit der stärksten Aktivität unterschieden sich jedoch. Demnach bestimmen auch sehr kurze und frühe Seherfahrungen mit, welche Hirnteile später beim Lesen einer Blindenschrift bevorzugt werden, schreiben die Forscher in der Zeitschrift „Human Brain Mapping“ (Bd. 14, S. 186).
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass bei zweisprachigen Menschen der Zeitpunkt des Spracherwerbs darüber entscheidet, wie im Gehirn das Sprachzentrum organisiert wird: Menschen, die zweisprachig aufwachsen, nutzen für beide Sprachen im wesentlichen die gleichen Hirnregionen. Menschen, die erst im Schulalter eine zweite Sprache erwerben, die sie später fließend beherrschen, bilden dagegen im Gehirn zwei eng nebeneinander liegende Aktivitätszentren aus.
ddp/bdw – Andreas Wawrzinek