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Wie kommen die Wörter aus dem Gehirn in die Welt?

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Wie kommen die Wörter aus dem Gehirn in die Welt?
Bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter hat der Durchschnittsmensch ungefähr 50 Millionen Wörter ausgesprochen. Sprechen darf damit als die meistgeübte menschliche Fertigkeit angesehen werden. Doch wie soll man sich den Prozess der Sprachproduktion genau vorstellen? Wie kommen die Wörter für die Dinge aus dem Gehirn in die Welt?

Ein Forscherteam um Willem Levelt vom „Max Planck Instituts für Psycholinguistik“, das sich seit Jahren mit diesen Fragen beschäftigt, hat jetzt in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ ein Modell dieser Vorgänge vorgestellt, das auf zahlreichen Experimenten zur Spracherzeugung, Erinnerung, Wiedererkennung oder sprachlichen Hemmung beruht.

Willem J.M. Levelt und seine Kollegen Antje Meyer und Ardi Roelofs gehen von zwei Komponenten aus: der „lexikalischen Auswahl“ (lexical selection) und der „Formkodierung“ (form encoding). Wenn ein Sachverhalt in der Welt es für einen Sprecher notwendig macht, zum Beispiel über ein Pferd zu sprechen, dann wird zunächst in der „lexikalischen Auswahl“ das Wort für dieses Lebewesen gesucht. Dieser Prozess dauert etwa 600 Millisekunden. Hierbei wird auch die Ebene festgelegt, auf der der Sprecher sich bewegen will. Soll das Lebewesen ganz allgemein mit „Tier“ bezeichnet werden oder schon genauer mit „Pferd“? Oder ist es gar wichtig zu unterscheiden, ob es um einen „Hengst“ oder eine „Stute“ geht?

Nachdem das passende Wort ? etwa „Pferd“ ? ausgewählt worden ist, geht es in die „Formkodierung“. Hier wird zunächst ein phonologischer Strang abgerufen, etwa /pf/, /e/, /r/, /d/. Dies geschieht in einem zeitlichen Rahmen von etwa 40 Millisekunden. Danach werden die Phoneme zu Silben verarbeitet. Dieser Prozess ist schon eng an den Kontext gebunden. Denn es ist ja ein Unterschied, ob nur „Pferd“ gebildet werden muss oder „(des) Pfer-des“. Für die Silbenverarbeitung braucht das Gehirn etwa 25 Millisekunden. In einem letzten Schritt wird schließlich die Phonetik des ganzen Wortes produziert. (Die phonologische Reihung war gewissermaßen nur die grobe Annäherung, erst die phonetische Verarbeitung sorgt dafür, dass „Pferd“ auch wirklich wie [pfært] klingt).

Den vermutlichen Ablauf dieser Sprachproduktion ermittelten die Forscher anhand zahlreicher Experimente. So haben die Forscher beispielsweise getestet, wie sehr die Nennung von Substantiven, die mit dem gesuchten Wort (hier: „Pferd“) in keiner Beziehung stehen (z.B. „Stuhl“), das Finden des richtigen Wortes erschwert. Sie haben auch überprüft, ob ein lautlich ähnliches Wort (etwa: „Pfund“) die phonologische Abarbeitung beschleunigt. Aus der Erkenntnis etwa, dass die Nennung lautlich ähnlicher Wörter die Artikulation beschleunigt, schließen die Forscher, dass eine Stelle im Sprachproduktionsprozess geben muss, die nur dazu da ist, bedeutungsunterscheidende Einheiten (Phoneme) richtig zu sortieren.

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Die Forschungen des Teams um Willem Levelt zeigen auch, dass das Sprachproduktionssystem mit einer erstaunlichen Zuverlässigkeit und Robustheit arbeitet. Trotz der unglaublichen Geschwindigkeit, mit der der Mensch die Wörter bereit macht zur Entsendung in die Welt, greift er phonetisch oder semantisch nur einmal pro 1000 Einheiten daneben.

Doris Marszk
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