Amerikanische Forscher entwickeln eine Suchmaschine, die mündliche Zeugenaussagen über die deutsche Judenvernichtung nach bestimmten Stichworten durchforschen kann. Mit der Maschine sollen über 116.000 Stunden Videoaufzeichnungen von Interviews zum Holocaust für Historiker leichter zugänglich werden. Die amerikanische Regierung unterstützt das Projekt mit 7,5 Millionen Dollar, teilt die Johns Hopkins-Universität in Baltimore mit.
Die Zeugenaussagen wurden vor allem von der Shoah-Stiftung gesammelt, die vor sieben Jahren der Hollywood-Regisseur Steven Spielberg gegründet hat. Mitarbeiter der Stiftung zeichnen mündliche Berichte von Opfern des Holocaust auf Video auf. Inzwischen wurden über 50.000 Interviews in mehr als dreißig Sprachen geführt, so dass Historiker die Fülle an Aufzeichnungen nicht mehr überblicken können. Techniker der Johns-Hopkins-Universität sollen daher für die Stiftung ein Spracherkennungs-Programm entwickeln, das die mündlichen Berichte nach Stichworten durchsuchen kann.
Ist etwa ein Historiker an Berichten zu einem bestimmten Ort der Judenvernichtung interessiert, soll das Programm aus den Interviews alle Stellen heraussuchen, in denen der Ort genannt wird. Für englische Berichte gibt es dafür bereits einige technische Komponenten, die eine solche Suche ermöglichen, erklärt der Spezialist für Spracherkennung Bill Byrne von der John Hopkins-Universität. Allerdings liegen viele Zeugenaussagen in einer Sprache vor, für die noch keine entsprechenden Programme existieren.
Viele Zeugen des Holocausts sprechen zudem einen Dialekt oder berichten sehr emotional über ihre Erlebnisse, was es der Technik schwer macht. Byrne: „Wir wollen ein Spracherkennungs-System entwickeln, das zumindest gut genug ist, um die meisten Wörter zu erkennen, die ein Historiker in die Audio-Suchmaschine eingeben will.“
ddp/bdw – Andreas Wawrzinek