Nach Ansicht des Gerichtshofes ist das EU-Gesetz auch für „das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes in diesem Bereich“ unerlässlich. Die Niederlande hatten wegen grundsätzlicher Bedenken gegen die Vorgaben aus Brüssel geklagt und wollten die Fragen der Gentechnik mit nationalen Gesetzen regeln. Italien und Norwegen unterstützten die Klage.
Für nicht hinnehmbar hielten die Kläger die in der Richtlinie enthaltene grundsätzliche Pflicht zur Erteilung von Patenten. Weder Pflanzen noch Tier noch menschliche Materie sollten nach ihrer Auffassung patentierbar sein. Als Hauptargument hatten sie laut EuGH die These angeführt, dass die Richtlinie vom 6. Juli 1998 die Erteilung von Patenten für isolierte Bestandteile des menschlichen Körpers erlaube und damit letztlich die Menschenwürde und das Grundrecht auf Unversehrtheit der Person verletze.
Die Richter verwarfen diese Sichtweise. Sie hielten den Schutz der Grundrechte in der Richtlinie für ausreichend. Das EU-Gesetz sehe nämlich vor, „dass der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung keine patentierbare Erfindung darstellen könne“. Auch die Entdeckung einzelner Bestandteile des menschlichen Körpers könne nicht geschützt werden. Der Patentschutz umfasse aber beim Menschen natürlich vorkommende biologische Daten, „soweit sie für die Durchführung und Verwertung einer besonderen gewerblichen Anwendung erforderlich“ seien.
Die Richtlinie stellt laut Urteil auch klar, dass alle Verfahren, deren Anwendung gegen die Menschenwürde verstoßen, nicht patentiert werden könnten. Dies gelte etwa für das Klonen von Menschen, die Veränderung der genetischen Identität ihrer Keimbahn oder die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken. „Nach Ansicht des Gerichtshofs fasst die Richtlinie das Patentrecht so streng, dass der menschliche Körper tatsächlich unverfügbar und unveräußerlich bleibt und die Menschenwürde gewahrt wird“, hob der EuGH hervor.
Nach Darstellung der grünen Europaabgeordneten Breyer umfasst ein erlaubtes Patent für „Sequenzen oder Teilsequenzen menschlicher Gene“ auch alle möglichen Anwendungsformen dieser Gen-Abfolgen. „Die bestehende Zweideutigkeit ist wesentlicher Grund, warum zahlreiche Mitgliedsstaaten sich derzeit nicht in der Lage sehen, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen“, meinte die Gentechnikexpertin. Für den SPD-Abgeordneten Rothley macht das EuGH-Urteil indes den „Weg für die Umsetzung der Richtlionie in den Mitgliedstaaten frei“.