„Foucault ist der vollendete Historiker“, schwärmte vor zwanzig Jahren der Historiker Paul Veyne. Sein Kollege Jacques Leonard hingegen sah in dem Sohn eines Arztes nur einen „Kosaken der Geschichte“, der die Jahrhunderte plündere. Foucault, der 1970 Mitglied des College de France, der angesehenen wissenschaftlichen Institution Frankreichs, wurde, war kein Freund präziser Begriffe und klarer Analysen. Ihm lag mehr an provozierenden Behauptungen als an überzeugenden Erklärungen. Diese Eigenart macht ihn deshalb für den Sozialwissenschaftler Hans-Ulrich Wehler zu einem „intellektuell unredlichen, empirisch absolut unzuverlässigen, kryptonormativistischen Rattenfänger der Postmodernen“.
Auch wenn Foucaults brillant geschriebenen Studien über Kultur, Fortschritt, Aufklärung und Sexualität sehr umstritten waren, wirkten sie sich dennoch nachhaltig auf viele Disziplinen aus. Als Foucault am 25. Juni 1984 an Aids starb, interessierte sich die Welt der Wissenschaft erneut für das Werk dieses typischen französischen Intellektuellen, vor allem für die 1976 begonnene und auf sechs Bände konzipierte „Geschichte der Sexualität“. Diesmal jedoch auch unter dem Aspekt des „Coming-out“ eines alternden Homosexuellen.