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Strukturalist eigener Prägung: Michel Foucault wäre am Montag 75 Jahre alt geworden

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Strukturalist eigener Prägung: Michel Foucault wäre am Montag 75 Jahre alt geworden
Er verglich Schulen mit Krankenhäusern, ärztliche Methoden mit juristischen Verfahren und fand sogar zwischen Biologie und Grammatik noch Gemeinsamkeiten. Die Geschichte der Zivilisation war für den französischen Philosophen Michel Foucault nicht Ergebnis historischer Entwicklungen, sondern übergeordneter Regelmäßigkeiten. Der in der westfranzösischen Stadt Poitiers geborene Gelehrte, der am Montag (15. Oktober) 75 Jahre alt geworden wäre, galt als einer der wichtigsten Vertreter des Strukturalismus, eine Etikette, die er zeitlebens von sich wies. Auch heute noch zerbrechen sich Sozial- und Kulturwissenschaftler den Kopf über die Theorien Foucaults.

Die Frage, was der französische Strukturalismus eigentlich ist, wurde meist vergeblich gestellt. Viele der Hauptvertreter haben sich dem Versuch einer Klassifizierung entzogen, so auch Foucault, der in den 60er Jahren mit seinen theoretischen Schriften über die „Geschichte der Klinik“ und „Die Ordnung der Dinge“ auf sich aufmerksam machte. Seine ganz eigene Art, Bewusstsein, Ideologien, gesellschaftliche Einrichtungen und Einstellungen als sprachähnliche Systeme darzustellen, brachte dem Wissenschaft viel Kritik ein, aber auch viel Lob.

„Foucault ist der vollendete Historiker“, schwärmte vor zwanzig Jahren der Historiker Paul Veyne. Sein Kollege Jacques Leonard hingegen sah in dem Sohn eines Arztes nur einen „Kosaken der Geschichte“, der die Jahrhunderte plündere. Foucault, der 1970 Mitglied des College de France, der angesehenen wissenschaftlichen Institution Frankreichs, wurde, war kein Freund präziser Begriffe und klarer Analysen. Ihm lag mehr an provozierenden Behauptungen als an überzeugenden Erklärungen. Diese Eigenart macht ihn deshalb für den Sozialwissenschaftler Hans-Ulrich Wehler zu einem „intellektuell unredlichen, empirisch absolut unzuverlässigen, kryptonormativistischen Rattenfänger der Postmodernen“.

Auch wenn Foucaults brillant geschriebenen Studien über Kultur, Fortschritt, Aufklärung und Sexualität sehr umstritten waren, wirkten sie sich dennoch nachhaltig auf viele Disziplinen aus. Als Foucault am 25. Juni 1984 an Aids starb, interessierte sich die Welt der Wissenschaft erneut für das Werk dieses typischen französischen Intellektuellen, vor allem für die 1976 begonnene und auf sechs Bände konzipierte „Geschichte der Sexualität“. Diesmal jedoch auch unter dem Aspekt des „Coming-out“ eines alternden Homosexuellen.

Sabine Glaubitz
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