Als Schmuckstück wird der Bornitrid-Kristall dem Diamanten wohl kaum Konkurrenz machen. Als wesentlicher Bestandteil von Schneid- und Schleifwerkzeugen möglicherweise schon. Chinesische Wissenschaftler um B. L. Cui der Shandong Jinan University konnten die harten Bornitridkristalle erstmals unter milden Bedingen herstellen. Ihr Rezept für das nach dem Diamanten zweithärteste Material verraten sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Chemistry of Materials (S. 2457 ? 2459).
Danach müssen eine Bor- und eine Stickstoffverbindung, Bortribromid und Lithiumnitrid, mit etwas Flüssigkeit gemischt und unter Normaldruck auf 480 Grad Celsius erhitzt werden. Vergleichsweise laue Reaktionsbedingungen, denn bei der üblichen industriellen Synthese sind rund 1000 Grad und ein hoher Überdruck nötig, um die Bor- und Stickstoffatome auf ihre Kristallgitterplätze zu zwingen. Auch die Kohlenstoffatome des Diamanten nehmen nur unter solchen Extrembedingungen ihre Plätze ein.
Die deutlich weniger energieintensive Herstellungsmethode der chinesischen Forscher hat allerdings einen Haken: Die dabei kristallisierenden Bornitridteilchen sind viel zu klein. Nicht einmal unter einem sehr guten Lichtmikroskop wären sie zu sehen. Mit Durchmessern von nur rund 30 Nanometern sind sie als industrielles Schleifmittel nicht geeignet. Die Wissenschaftler bemühen sich nun, die Teilchen noch wachsen zu lassen.
Der schärfste Konkurrent des kristallinen Bornitrids ist die Kohlenstoffverbindung Diamant. An Härte ist sie nicht zu übertreffen. Allerdings hat auch sie einen Nachteil: Bei hohen Temperaturen lösen sich die Kohlenstoffatome des Diamanten in Eisen. Ein Diamantbohrer nutzt sich deshalb schnell ab, wenn er beispielsweise ein Loch in Stahl bohren soll. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür , dass ein Diamant eben doch nicht ?unvergänglich? ist.
Andrea Hoferichter